Ein Großbrand in einem jahrelang leerstehenden Gebäude in der Bahnhofstraße 769 in Friedland wurde der Feuerwehr am Sonntag, 12. September 2021 um 5.30 Uhr früh gemeldet. Als die ersten Löschzüge eintrafen, drangen bereits Flammen und schwarzer Rauch aus dem Dachstuhl.
Das Dach des 100 Quadratmeter großen Hauses stand lichterloh in Flammen. Aufgrund der instabilen Konstruktion führten die Feuerwehrleute eine Untersuchung des Gebäudes durch. Die weiteren Löscharbeiten wurden aus Sicherheitsgründen hauptsächlich von einer Drehleiter aus durchgeführt. Dabei wurden insgesamt drei Strahlrohre eingesetzt. Um 8.37 Uhr beendete der Einsatzleiter die Löscharbeiten. Das Feuer war unter Kontrolle. Bis heute ist nicht geklärt, wer das Feuer gelegt hat.
Leere Gebäude sind nicht selten Ziel ungebetener Gäste. Zwei Feuerwehreinheiten kehrten noch am Vormittag an den Brandort zurück, um versteckte Brände zu löschen. Gleichzeitig trafen Brandursachenermittler ein und begannen mit ihrer Arbeit. Der Dachstuhl war allerdings völlig zerstört worden. Die vorläufige Höhe des Schadens am Dach wird von den Brandgutachtern auf 500 000 Kronen geschätzt. Nur ein Haufen Asche ist von dem historischen Haus in der Nähe des Bahnhofs übrig geblieben. Der Wert des geretteten Vermögens beträgt angeblich vier Millionen Kronen.
Während der Löscharbeiten wurden weitere Kräfte von Berufs- und Freiwilliger Feuerwehr alarmiert. An den Löscharbeiten waren die Einheiten der Feuerwehr aus Raspenau, Reichenberg, Friedland, Friedland-Ringenhain, Berzdorf und Weigsdorf beteiligt.
Das vergessene und langsam zerfallende zweistöckige Wohnhaus, das in der Vergangenheit zu den schönsten Häusern der Stadt gehörte, war während der Ersten Republik der Tschechoslowakei bis zum Jahr 1938 im Besitz der jüdischen Ärztefamilie Altschul, die in diesem Haus gelebt hatte. Hauseigentümer war damals der Friedländer Bezirksoberarzt, Sanitäts-Oberkommissar und Zahnarzt Albert Altschul (*29. November 1886), der das Gesundheitswesen in Friedland über viele Jahre maßgeblich mitgeprägt hat. 1938 leitete Albert Altschul die Evakuierung von Tschechen, Slowaken und deutschen Antifaschisten aus Friedland ins Landesinnere.
Albert Altschul selbst verließ die Stadt erst in der Nacht vor der Ankunft der deutschen Truppen. Bevor er und seine Frau sich dauerhaft in Prag niederließen, arbeitete er kurzzeitig noch in Münchengrätz. Am 24. April 1942 wurde das Ehepaar Altschul von Prag nach Theresienstadt und zwei Jahre später, am 19. Oktober 1944, von Theresienstadt in das Konzentrations- und Vernichtungslager Auschwitz-Birkenau deportiert und anschließend ermordet. Ihr Sohn Robert Altschul starb 1942 im Vernichtungslager Treblinka. Die einzige Überlebende war die Tochter Julie, die im Vereinigten Königreich Großbritannien und Irland an einer Universität studierte. Nach dem Ausbruch des Krieges schloß sie sich als Ärztin dem ausländischen Widerstand an.
Erst 1947 kehrte sie in die Tschechoslowakei zurück, emigrierte aber aufgrund der sich entwickelnden Situation erneut in das Vereinigte Königreich. Dort wurde sie eine bekannte Psychiaterin. Sie starb im November 2004.