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Der Autor

Stanislav Beran ist freier Journalist und Korrespondent mit Schwerpunkt Geschichte und Kultur. 

Als Auslandskorrespondent berichtet er aus dem Isergebirge für verschiedene Zeitungen und Onlinemedien im deutschsprachigen Raum.

Er ist Dolmetscher und staatlich geprüfter Übersetzer für die deutsche Sprache, Herausgeber der Friedländer Zeitung und Heimatforscher.

Auch die Website https://friedlandinbohmen.jimdo.com, auf der man Informationen zur Vergangenheit und Gegenwart des Kreises Friedland in Böhmen und die vielseitige Geschichte des Landes unserer Ahnen finden kann, wurde von ihm erstellt.

Für den Blog auf Tschechien Online schreibt er seit April 2015.

Im Internet: friedlandinbohmen.jimdo.comfriedlandinbohmen.jimdo.com
Bildnachweis:
Stanislav Beran

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| | Kultur | 25.7.2021

Wenzel-Franz-Jäger-Ausstellung in Haindorf

  • Grab von Wenzel Franz Jäger in Raspenau
  • Wenzel-Franz-Jäger-Denkmal
  • Herr Wöllner und Frau Habánová
  • Jäger-Villa in Raspenau

Anfang Juli eröffnete in der Galerie im ehemaligen Kloster Haindorf eine Sonderausstellung mit Bildern des vor 160 Jahren in Ringenhain geborenen und nach 1945 in Vergessenheit geratenen Landschaftsmalers Wenzel Franz Jäger, den man auch „Maler des Isergebirges“ nannte.

Dies ist heuer die erste Ausstellung in der renovierten Galerie des Klosters in Haindorf.

Sie läuft bis 5. September täglich von 9.00 bis 18.00 Uhr. Die Gablonzer Städtische Galerie MY hatte sie vorbereitet. Zunächst hatte sie Kunstsammler angesprochen und gebeten, ihre privaten Jäger-Bilder für die Ausstellung zur Verfügung zu stellen. Bei der Vernissage sahen die Besucher allerings nur einen geringen Teil der Bilder. Die Festrede hielt der 58jährige ehemalige tschechische Kulturminister Daniel Herman, der beim Sudetendeutschen Tag am Wochenende in München mit dem Europäischen Karls-Preis ausgezeichnet wurde. Unter den Gästen waren die Geschwister Jenő und Agathe Széchényi, die Urenkelvon Franz Graf Clam-Gallas, Ivo Habán und die Kunsthistorikerin und Otokar-Fischer-Preisträgerin Anna Habánová aus Reichenberg. 

Habánová hat im Rahmen des Sudetendeutschen Tages im Sudetendeutschen Haus in München einen Vortrag über den deutschsprachigen Maler Paul Gebauer (* 21. April 1888 in Zossen bei Freudenthal im Altvatergebirge, † 18. September 1951 in Harburg in Bayerisch-Schwaben) gehalten. Für die großzügige Unterstützung sei vor allem Peter M. Wöllner, Inhaber und Geschäftsführer von CiS electronic in Haindorf, gedankt, der einen Teil seiner Bildersammlung für die Ausstellung zur Verfügung gestellt hat. Auch für das leibliche Wohl wurde gesorgt.

Wenzel Franz Jäger wurde am 4. April 1861 in Ringenhain, heute ein Ortsteil der Stadt Friedland, geboren. Sein Vater Josef Jäger war Metzger und Pächter der Gaststätte „Zum weißen Hirsch“ in Ringenhain. Es gab keinen Hinweis darauf, daß die Malerei seine Lebensaufgabe sein wird. Er besuchte die Ringenhainer Volksschule, die Friedländer Bürgerschule und die Trautenauer Lehrerbildungsanstalt. Ab 1881 war er zehn Jahre lang Lehrer in Raspenau. Danach verließ Jäger die Schule und wandte sich seiner wahren Berufung, der Malerei, zu.

Der wichtigste Wendepunkt in seinem Leben war am 22. November 1884 die Heirat mit Maria Theresia Richter, der Tochter des wohlhabenden Raspenauer Großindustriellen, des Besitzers der Mildenauer Kammgarnspinnerei Anton Richter. Dank dieser Heirat konnte er sich ganz der Malerei widmen. Sein künstlerisches Talent und seine finanzielle Absicherung ermöglichten ihm 1891 den Beginn eines Studiums an der Wiener Kunstakademie, wo er mit dem Kaiser-Preis ausgezeichnet wurde. Von der Kunstakademie wechselte er an die Wiener Akademie, an der er 1898 sein Studium beendete. Er studierte bei den Professoren Hans Macht, Andreas Groll (1850–1907) und Rudolf Ribarz (1848–1904). Zu dieser Zeit war Gustav Klimt in Wien tätig und Mitbegründer der Wiener Secession.

Diese ernannte den Maler Jäger aus Raspenau in ihrer Vollversammlung Anfang April 1901 zu ihrem ordentlichen Mitglied. 1895 ergänzte Jäger seine Studien im Meisteratelier von Adolf Hölzel (1853–1934) in der Künstlerkolonie Dachau in Oberbayern.

Er war Mitglied beim Deutschen Künstlerbund, Metznerbund, Union Internationale des Beaux-Arts in Paris und bei der Oktobergruppe. 1900 bis 1910 stellte Jäger seine Bilder regelmäßig auf Ausstellungen in Wien in der Galerie Miethke und mit der Wiener Secession aus. Er stellte seine Bilder auch mit Gustav Klimt, Egon Schiele und anderen heute international bekannten Künstlern aus.

Geehrt wurde Jäger von vielen Seiten. Auf zahlreichen Ausstellungen an Orten wie Wien, Paris, München, Berlin oder Dresden und 1905 bis 1906 wurde Jäger als hervorragender Künstler auch in Prag gefeiert.

1902 kehrte der Isergebirgsmaler endgültig nach Raspenau zurück und lebte in einer aufwendigen Jugendstilvilla mit einem Atelier für ihn. Die Villa, umgeben von einem großen Garten, hatte Schwiegervater Richter für ihn und seine Frau 1899 errichten lassen. Sie befindet sich in der Nähe der Abzweigung der Straße von Raspenau nach Reichenberg.

Die Jäger-Villa wurde zum Zentrum des künstlerischen und gesellschaftlichen Lebens. Zu den Besuchern gehörten der österreichischer Komponist Franz Lehar, der deutsche Dramatiker und Schriftsteller Gerhard Hauptmann, der norwegische Maler Edvard Munch, der aus Friedland stammende Maler Franz Thiele sowie der akademischer Maler und Professor Karl Krattner. Krattner war Mitbegründer des Metznerbundes, Jägers Studienfreund und Schöpfer des Gemäldes in der Kirche in Raspenau. Er ist auch auf dem Friedhof in Raspenau beerdigt.

Der Name Wenzel Franz Jäger ist auch mit Bad Liebwerda verbunden. Auf seine Anregung ließ die Tischgesellschaft deutscher Männer, die sich Wintergesellschaft Liebwerda nannte, am Kurhaus eine Carl-Maria-von-Weber-Gedenktafel anbringen, die am 24. Juli 1904 feierlich enthüllt wurde. Auf ihr stand: „Carl Maria von Weber weilte hier vom 10. bis 30. Juli 1814“. Vormittags versammelten sich die Gäste im Kurhaus. Die Enthüllung begann mit der Jägers Begrüßungsrede. Dabei traten die Gesangsvereine des Oberwittigtales, der Reichenberger Männergesangsverein und der Damengesangaverein „Cäcilia“ aus Reichenberg unter Leitung des Komponisten Kamillo Horn auf. Die Festrede hielt der Obmann des Wiener Schubert-Bundes, der Bürgerschullehrer Josef Jaksch aus Wien.

Nach der Feier gab es ein gemeinsames Mittagessen. Nachmittags folgte ein Militärkonzert, dargeboten von der Kapelle des 19. Infanterie-Regiments aus Görlitz. Am Abend gab es zum Abschluß ein Kränzchen im Kursaal. In der nordböhmischen Region stellte er eine größere Zahl seiner Bilder auf der denkwürdigen tschechisch-deutschen Ausstellung 1906 in Reichenberg aus. Er wurde ein bewunderter und gefragter Maler. Viele seiner Bilder schmückten die Räume von Privathäusern. Die Moderne Galerie in Prag und vor allem Galerien, Museen und öffentliche Einrichtungen in den Regionen Gablonz und Reichenberg hatten seine Bilder in ihren Sammlungen. Er hatte ein breites Publikum, das die Darstellung seiner Heimatregion schätzte. Im Mai 1918 verlieh Kaiser Karl I. Jäger das Kriegskreuz für Zivilverdienste 2. Klasse.

Das Leben des besten Landschaftsmalers des Isergebirges beendete ein Herzschlag am 8. Dezember 1928 um 7.00 Uhr früh in seinem Atelier in Raspenau. Auf dem dortigen Friedhof fand er seine letzte Ruhestätte. Der letzte Weg des verstorbenen Malers gestaltete sich zu einer ergreifenden Trauerfeier. Die ganze Gemeinde versammelte sich. Ein großer Kreis von Freunden war erschienen, um dem verstorbenen Künstler auf seiner letzten Reise das Geleit zu geben. Als erster Redner würdigte der Obmann des Friedländer Lehrervereines, Franz Krause, die Person und das Werk des verstorbenen Ehrenmitgliedes. Nachher nahm der Oberkommandant der Feuerwehr in Raspenau Abschied von dem Toten als treuem Kameraden und Berater. Bürgermeister Karl Richard Fischer aus Gablonz dankte dem Verstorbenen im Namen der Gesellschaft zur Förderung der deutschen Wissenschaft, Kunst und Literatur in Böhmen für seine Arbeit. Architekt Rudolf Scholze aus Reichenberg sprach im Namen des Metznerbundes und würdigte den Künstler. Bei der Hauptversammlung des Metznerbundes drei Wochen später in Reichenberg gedachte der Vorsitzende Jägers. Die Versammlung beschloß einstimmig eine W.-F.-Jäger-Stiftung zu gründen, deren Ertrag als W.-F.-Jäger-Preis dem besten Landschaftsmaler des Isergebirges vergeben werden sollte.

Der Metznerbund beschloß außerdem, in Kürze eine Jäger-Gedächtnis-Ausstellung zu veranstalten. Diese Ausstellung eröffnete am Pfingstsonntag 1929 in Reichenberg in der neuen Messehalle an der Siebenhäuserstraße.
Der Metznerbund hatte Jäger-Gemälde aus verschiedenen Entwicklungsstadien, die sich in Privatbesitz befanden, gesammelt. Diese sollten den Besuchern ein Bild über das umfangreiche Schaffen des Malers zu präsentieren. Dank der Tätigkeit des Metznerbundes und des Entgegenkommens der Gemälde-Besitzer kamen mehr als 180 Werken zusammen. Niemals zuvor waren in einer Ausstellung so viele Jäger-Bilder gezeigt worden. Um alle zeigen zu können, wurde Reichenbergs größte Halle, die neue Messehalle, Ort der Ausstellung. Diese seltene Ausstellung gab einen Überblick über das Werk eines sudetendeutschen Landschaftsmalers, der weit über die Grenzen seiner Heimat hinaus berühmt und gewürdigt wurde. Die Ausstellung zeigte ihn in seinen Lehrjahren, in seiner Entwicklung und als reifen Künstler. Aus jedem seiner Bilder spricht seine Liebe zu Heimat. Als Sohn dieser Heimat wußte er wie kein anderer,  deren Stimmungen einzufangen, denn er war in dieser Landschaft verwurzelt. Das machte ihn zum Maler des Isergebirges.

Der Kunstverein Metznerbund, der mehr als 500 Mitglieder hatte, wurde im März 1920 in Teplitz-Schönau als Zusammenschluß deutschsprachiger, meistens aus dem Sudetenland stammender Künstler in der neu entstandenen Tschechoslowakei zur Förderung ihrer künstlerischen, sozialen und ökonomischen Interessen gegründet. Später wurde der Verein nach Reichenberg verlegt. 1945 wurde der Metznerbund, der nach dem berühmten deutschen Bildhauer Franz Metzner benannt worden war, aufgelöst.

Jäger wurde nicht vergessen. 2001 veranstaltete die Städtische Galerie MY in Gablonz die erste Nachkriegsausstellung mit Jägers Bildern. Bis zu dieser Zeit hatte sich niemand für die Kunst der Deutschen in Böhmen interessiert.

2002 restaurierte die Galerie MY Jägers Grab auf dem Friedhof an der Kirche Mariä Himmelfahrt in Raspenau, wo auch seine Frau Marie Theresia, bestattet wurde. Ein Jahr später (2003) wurde das am 16. Oktober 1932 errichtete Jäger-Denkmal, das sich vor der örtlichen Grundschule befand, mit Unterstützung des Deutsch-Tschechischen Zukunftsfonds und der Galerie MY erneuert und neu eingeweiht.

Zur Einweihungsfeier kamen mehr als 100 Gäste, darunter Arne Richter, der Großneffe des Künstlers, der über die Bedeutung dieses Tages sprach. „Für uns ist mit dem heutigen Tag und mit der Neueinweihung des alten Jäger-Denkmals ein Teil der Geschichte dieser Landschaft wieder Wirklichkeit geworden“, sagte er. Er dankte Jan Strnad aus Gablonz. Der habe die Restaurierung initiiert und begleitet. 

Er dankte auch Franz Neumann aus Eichenau für seine Arbeit. Die Ausstellung zum 150. Geburtstag Wenzel Franz Jäger lief naturgemäß vor zehn Jahren. Jägers Bilder befinden sich in vielen Privatsammlungen, in der Nationalgalerie in Prag, in der Regionalgalerie und im Nordböhmischen Museum in Reichenberg, in den städtischen Museen in Gablonz und Friedland sowie im Stadtmuseum Friedland und im Museum Warnsdorf.

Eine weitere und größere Jäger-Ausstellung wird vorbereitet. Sie wird im Herbst erneut in der Gablonzer Galerie MY laufen. Alle Kunstliebhaber sind schon jetzt herzlich nach Gablonz eingeladen.                                                                                                       

Bildnachweis:
Stanislav Beran

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