In NRW unmöglich, in SAR aktuell: Die Farbkombination Rot-Grün-Gelb. Tag drei lässt sich eher dröge an, was gut zur Erholung nach den schwülen halbweißen Nächten in Prag war, findet Gerd Lemke. Denn abends beginnt das Turnier ja erst richtig.
Verdauungsspiel nach dem Mittagessen. In Prag ist der südafrikanische Winter eingezogen, ein Häuflein Verlorener schaut neidisch auf die berühmte afrikanische Sonne. Die Slowenen baden auf der Sonnenseite des Platzes darin und tauchen völlig darin ein. Lange nutzen sie ihren Trikotfarbenvorteil nicht aus und schlagen kein Kapital aus ihrer optischen Unauffälligkeit. Uns bleibt das Geschehen auf dem Rasen rätselhaft, wie Phantome tauchen die grünen Slowenen für kurze Zeit im Schatten auf, ihr Spiel wird jedoch zu häufig über die falsche Seite vorgetragen, wo sie vollkommen unsichtbar sind.
Wir widmen uns dem Nachtrag des gestrigen Abendspiels.
Nick: Did you see the match?
(beliebige Antwort)
Nick: England was shit.
(frage nach dem Gegner)
Nick: America was shit as well.
(Detailnachfrage)
Nick: Gerrard after five minuts.
Wenn die also alle fünf Minuten ein Tor geschossen haben, dann macht das 18 Tore in 90 Minuten, rechne ich nach. Nun, England ist ja clever, wie ich weiß, und geht höchstens 60 Minuten volles Tempo bei so einem Spielstand, macht also 12 Tore. Gut, einer geht auch mal daneben. Rooney ist sicher jetzt schon Torschützenkönig mit sieben Treffern.
(Good goals?)
Nick: Our goalkeeper let a ball through his hands and his legs, even I could not have failed.
(Name?)
Nick: Green.
(Verein?)
Nick: I don´t know.
Also 10:1 für England wie 1950?
Nick: At least a draw this time.
Nun bietet der italienische Tischnachbar generös Buffon im Tausch mit Lampard an. Ich wende ein, dass Italien doch bereits den Trainer gespendet hat. Fabio Capello hat jedoch ein kleines Sprachproblem, erfahre ich dadurch. Wenn er eine Fremdsprache spricht, kann er wie fast alle Italiener wunderbar bluffen und so tun, also verstünde er alles. Nachdem er während einer inspirierenden Golfpartie ein übles Loch in den Rasen geschlagen hatte, hat er sich von seinem Dolmetscher erklären lassen, wen er jetzt zur Behebung des Schadens anfordern müsse. Auf einen Zettel schrieb er sich das Wort auf: greenkeeper. Ganz in Gedanken und das neue Wort memorierend, unterbrach ihn ein FIFA-Offzieller, der von ihm die Aufstellung erfahren wollte. Er zeigte auf den Zettel und sagte, here, the names of the players. And you have to write it: Green, the keeper. Gehorsam hat er also den Zettel genommen und unter Green, the keeper weitere Namen gesetzt. Dann kam bereits der Greenkeeper angelaufen, um das Loch zu reparieren und Capello hat zu dem FIFA-Offiziellen gesagt: This is the greenkeeper. Der FIFA-Offizielle, stets darauf bedacht, bei Capello auch kleine Fehler zu korrigieren, antwortete darauf: No, you don´t say, this is the Greenkeeper, but you must say: This is Green, the keeper. Capello nickte, denn mit FIFA-Offiziellen soll man einfach nicht streiten. Die lassen für jede WM den Ball neu erfinden. Noch ist er ja rund, aber wer weiß, wenn er mal eckig wird, dann hat die FIFA gewonnen.
So kam es dann, dass Green, the keeper ins englische Tor gelangte. Oder war es am Ende doch der Greenkeeper? Wir werden es wohl nie genau erfahren, die Person ist übrigens seit vergangenem Abend auf rätselhafte Weise verschwunden.
Nick: The Nigerian goalkeeper was good. We should invade Nigeria and take their goalkeeper. We have only five days for this.
Na, dann mal good luck. Das Spiel endete also nicht wie 1950 bei der WM 10:1, sondern diesmal 11:1. Laut London Times zumindest.
Endlich tut sich auf dem Rasen etwas Erkennbares. Ein algerischer Ersatzstürmer versucht per Flugeinlage einen Ball abzufangen. Der englische Greenkeeper hätte das nicht besser gekonnt. Dafür darf er nach einer Viertelstunde Netto-Spielzeit frühzeitig zum Duschen. Denkste, der Trainer hat ihm Duschverbot aufgebrummt und ihm gedroht, ihn nach der nächsten Dummheit nach Hause zu schicken, per Zug, durch ganz Afrika!
Dann spielt der slowenische Torhüter einen tödlichen Pass aus dem Fünfmeterraum auf einen algerischen Spieler, der damit aber nichts anfangen kann. Doch der algerische Greenkeeper zeigt, dass auch er etwas vom Handwerk versteht und legt sich per Hechtbagger einen nicht ganz unplazierten Schuss in die Maschen. Fünf Fans im Rieger-Park jubeln und brauchen es bis zum Ende nicht zu bereuen. Erster Sieg für Slowenien bei einer WM.
Gut zwei Stunden später kommt zur Freude noch die Schadenfreude über den Fehlstart der ehemaligen Kompatrioten und dann Feinde aus Serbien. Beide Spiele – Jugoslawien gegen Afrika – gleichen sich ansonsten wie ein Ei dem anderen, nur dass man diesmal auch etwa erkennen kann. Einem eingewechselten Spieler geschieht ebenfalls ein Missgeschick mit der Hand im Strafraum, allerdings auf der anderen Seite. Die serbische Unterzahl war in diesem Moment erst einige Minuten alt. Sofort schaltet die Mannschaft auf die vielversprechendere Partisanentaktik um: Überfälle aus dem Nichts. Dann jedoch der Verrat aus den eigenen Reihen: die verbotene Hand. Das Standgericht entscheidet sofort auf schuldig und das kann nur eines heißen: Assamoah tritt zur Exekution an, schießt, trifft, Serbien geht in die Knie, zuckt noch ein paar Mal und ist erlegt.