Der Journalist und Blogger Thomas B. aus München berichtete bereits seit längerem über Versammlungen, die sich gegen die Einschränkung der Grundrechte aufgrund der Corona-Pandemie, richten. Während die sog. "institutionalisierte Presse" (der Begriff wird hier später noch einmal genauer beschrieben), diese in Deutschland oft nicht genehmigten Versammlungen, als Zusammenkunft von geistig Verwirrten, "Links- und Rechtsfaschisten" beschreibt, hält sich Thomas B. mit Zuschreibungen in seinen Filmbeiträgen extrem zurück. Er befragt Demonstranten, aber auch den Polizeipressesprecher, filmt Gespräche, auch Streitgespräche zwischen Passanten und geht durch die Reihen der Protestler. B. verzichtet bewusst darauf, die Demonstranten mit Umschreibungen zu titulieren. Das Bild- und Tonmaterial soll für sich sprechen. Sein Youtube-Kanal verbucht derzeit 10.500 Abonnenten. Seine Videos werden (lediglich) tausenfach geklickt. Gemessen an anderen Youtubern sind das keine wirklich hohen Klickzahlen.
Nun flatterte dem Münchner vom Kriminalfachdezernat eine Strafanzeige ins Haus. Er habe einen Polizisten gefilmt und dieses Material bei Youtube online gestellt. Ihm wird vorgeworfen, Straftaten gegen die "Verletzung der Vertraulichkeit des Wortes" (§ 201 StGB) sowie das "Kunsturheberrechtsgesetz" (§ 33 KUG) begangen zu haben. Im konkreten Fall wird ihm zur Last gelegt, bei einer Demonstration einen Polizisten gefilmt und das Material online gestellt zu haben. Thomas B. hat sich auf seinem Kanal zu dem Vorwurf geäußert und die beschriebene Szene - mittlerweile gepixelt - online gestellt. (https://www.youtube.com/watch?v=bnN-YsBW5Ew). Nach seiner Aussage habe er das Gespräch zwischen zwei Passanten filmerisch dokumentieren wollen, als ihm ein Polizist vor die Kamera lief.
Der Begriff "institutionalisierte Presse" existiert seit 2018, als die EU-Datenschutzgrundverordnung auch in Deutschland eingeführt und damit festgelegt wurde, dass Bildmaterialien nur noch von der sog. "institutionalisierten Presse" angefertigt werden darf. Was das für die Mediendominanz von Großkonzernen, aber auch der öffentlich-rechtlichen Sender bedeutet, lässt sich erahnen. Aber auch das kritische Magazin Heise Online aus Hannover hat seinerzeit die Brisanz dieses Paragraphen für freie Journalisten in einem Beitrag öffentlich diskutiert (https://www.heise.de/tp/features/Das-DSGVO-Chaos-ist-angerichtet-4037911.html).
Nun kann man mit Leichtigkeit vor dem Hintergrund der DSGVO argumentieren, dass freie Journalisten und Blogger keine "echten Journalisten" wären. Doch einerseits steht in Deutschland dem der Artikel 5 des Grundgesetzes gegenüber, wonach jeder das Recht hat, seine Meinung in Wort, Schrift und Bild frei zu äußern (und dies verlangt explizit keinen Ausweis resp. keine Erlaubnis), andererseits gibt Thomas B. in seinem Video an, über einen gültigen Presseausweis ohnehin zu verfügen.
Es ist nicht das erste Mal, dass Journalisten mit der Staatsmacht in Deutschland in Konflikt geraten. Bereits auf einer Pegida-Demonstration in Dresden 2018 ging die Polizei gegen Journalisten vor. Der Auslöser: Eine Beschwerde eines Demonstrantionsteilnehmers, der - wie sich später herausstellte - ein Mitarbeiter des Landeskriminalamtes war. Das Pikante an dem Fall: Die Journalisten verfügten nicht nur über einen gültigen Presseausweis, sondern waren sogar Vertreter der sog. "institutionalisierten Presse", nämlich des ZDF-Magazins "Frontal 21" und damit offiziell. (https://www.youtube.com/watch?v=7n9iy5DwTm8)
Thomas B. hat nach eigener Aussage erstmal seinen Anwalt eingeschaltet. Er muss nun um sein Grundrecht kämpfen. In Deutschland!
Prag, 31.05.2020
Konstantin John Kowalewski
Update: 04.10.2020
Der Nachname des Journalisten musste mittlerweile aus rechtlichen Gründen auf die Initialien gekürzt werden. Der Youtube-Kanal von Thomas B. ist zwischenzeitlich nicht mehr erreichbar. Kontaktaufnahmen zu dem Jouranlisten sind uns nicht mehr möglich gewesen, sodass B.´s Schicksal derzeit unbekannt ist.