Getreu diesem Motto war ich am letzten Wochenende mal so dekadent, mir für 350 Kronen eine zweistündige Bootsfahrt auf der Moldau zu leisten. Der Grund für diesen Anfall von Verschwendungssucht war, der werte Leser wird es sicher schon ahnen, die Tatsache, dass ich mal wieder Besuch hatte. Und wie der werte Leser vielleicht auch schon bemerkt hat, bin ich dann immer besonders aktiv und versuche neben dem typischen Touristenprogramm immer wenigstens eine Sache zu machen, die auch für mich neu und unbekannt ist. Aufgrund des verhältnismäßig schönen Wetters am Wochenende und einem eher fußlahmen Besuch, erfüllte ich mir deshalb den schon lange gehegten Traum einer Bootstour auf der Moldau.
Nachdem die Ausdrucke, die mein Mitbewohner dankenswerterweise für uns gemacht hatte, hinsichtlich Anlegestelle, Fahrtdauer und Kosten leider wenig hilfreich waren, und das lag nicht an meinem schlechten Tschechisch, machten wir uns am Samstag nach dem Ende der obligatorischen Touristentour auf ins nächste Infocenter. Dort bekamen wir dann einen Prospekt in die Hand gedrückt und wurden zur Čechův most gelotst, von wo aus die Schiffe zur Rundfahrt ablegen. Kaum hatten wir das Faltblatt in Händen, ging auch schon die Diskussion los. Wollten wir nun die kostengünstigere einstündige Tour machen, die auch stündlich ablegt, uns jedoch nur am der Karlsbrücke, dem Nationaltheater und der Burg vorbeiführen würde, oder doch die große Tour?
Da mein Besuch sich schon vor dem von mir geplanten Ausflug nach Vyšehrad gedrückt hatte, entschied ich nun, dass wir die große, zweistündige Bootstour machen würden, die uns von Čechův most bis zu Vyšehrad und wieder zurück bringen würde. Doch die findet nur einmal am Tag statt und sticht um 15 Uhr in See. Und das war es schon fast und wir befanden uns noch weit von der Ablagestelle entfernt mitten in der Altstadt. Also schnell die Beine unter die Arme genommen und losgelaufen. Gerade noch pünktlich kamen wir an, kauften die Tickets und folgten der Anweisung des netten Kartenverkäufers. Schon standen wir vor Dock 1 und damit vor unserem Ausflugsdampfer, der Šumava.
Trotz des relativ schönen Wetters – meine Sonnenbrille hatte ich natürlich zu Hause vergessen - hatten wir das große Glück, dass sich zunächst fast alle Mitreisenden unter Deck begaben und wir uns so die strategisch besten Plätze zum Fotografieren auf dem Dach der Šumava sichern konnten. Mit dem Fotomachen fingen wir dann auch gleich an, während der Kapitän das Schiff langsam „ausparkte“. Da auf der Fahrt keine Informationen zu den architektonisch interessanten und bekannten Sehenswürdigkeiten, wie sie das Infoblatt bezeichnet, gegeben wurden, war ich neben dem Fotografieren weiter als Reiseführer tätig und unterwies meinen Besuch nun vom Wasser aus. Kurz nachdem wir dann losgeschippert waren, kam eine Bedienung an und wollte unsere Getränkebestellung aufnehmen. „Oh nein, das kann ja heiter werden“, dachte ich mir. Doch sehr zu meinem Erstaunen hielt sich die Dame den Rest der Fahrt im Hintergrund.
Nun ging es gemütlich die Moldau hinauf, vorbei am Rudolfinum und meiner Fakultät, die Burg hinter uns lassend, unter der Karlsbrücke hindurch hin zur Mánesschleuse. Dort hieß es dann erst mal warten. Zunächst war uns gar nicht so ganz klar warum eigentlich. Ja, ich gebe es zu, wir sind Frauen und haben nicht so wirklich eine Ahnung, wie so eine Schleuse funktioniert. Während wir noch so vor uns hin rieten, was nun wohl passieren würde und gespannt dem Treiben auf den beiden Schiffen vor uns und dem durchaus nicht unsüßen Bootsjungen auf unserer Jolle zusahen, bemerkten wir auf einmal, dass das Wasser stieg. Aber extrem langsam. Vor lauter Verdruss über diesen extrem langsamen Prozess habe ich dann ein mehrminütiges Video über das laaaaaaaaaaaangsame Ansteigen des Wassers gedreht. Interessenten für diese meditativen Aufnahmen können sich gerne bei mir melden.
Nachdem wir dann endlich durch die Schleuse hindurch waren, ging die Fahrt weiter zum tanzenden Haus und letztlich zu Vyšehrad, von wo aus uns einige übermütige Touristen zuwinkten. Kurz dahinter machte die Šumava dann auch schon kehrt und begab sich auf die Rückreise. Da sich die Sonne nun mal wieder blicken lies und ihre wärmenden Strahlen aussandte, kamen auch die Touristen aus dem Innern nach oben, und während diese sich nun um gute Plätze zum Fotografieren drängten, knipsten wir das 1000ste Foto.
Schon waren auch die zwei Stunden rum, wir legten wieder an Čechův most an und der Ausflug ging zu Ende, ohne dass auch nur ein einziges Mal Smetanas "Vltava" erklungen war, was mich ehrlich gesagt doch sehr erstaunt hat. Freundlich unaufdringlich, wie die ganze Fahrt hindurch wurden wir nun vom Bootspersonal verabschiedet. Schnell gab es noch ein Abschiedfoto von mir und dem Boot und schon wurden wir wieder zu Landratten.