Kaum war ich letzte Woche in Prag angekommen, da überfiel mich Matej gleich mit der Frage, ob ich zu einem Eishockeyspiel gehen wolle. Erst hatte ich Zweifel, ob ich dazu Lust haben würde. In meinem Gehirn tauchten Bilder von brutalen Szenen auf; ausgeschlagene Zähne, blutige Nasen und ich mitten drin? Hm??
Spontan war ich nicht sehr angetan, zumal ich mich vorstellte, dass es in der Eishalle sehr kalt sein würde und ich zu den Menschen zähle, die einfach immer und überall frieren. Da aber Matej von der Idee doch sehr begeistert zu sein schien, wollte ich sie nicht gleich abtun, sondern erkundigte mich erst einmal wer denn überhaupt spielen würde und wie das Ganze ablief.
So erfuhr ich, dass man sich mittlerweile in den Play-Offs zur Meisterschaft befinde und ich die einmalige Gelegenheit haben würde, den zukünftigen Meister – Slavia Praha – einmal live zu sehen. Je länger ich so drüber nachdachte, desto mehr gefiel mir der Gedanke – schließlich sind die Tschechen ja für ihre Eishockeykünste bekannt; der Sport ist nach Fußball der beliebteste im ganzen Land. Also sagte ich zu. Matej machte sich gleich daran, Karten zu reservieren und erklärte mir (ich möchte hier betonen: Ich bin eine Frau und hatte noch nie etwas mit Eishockey zu tun) die elementaren Regeln. Nachdem ich dann grob verstanden hatte dass nun also, wie schon erwähnt, die Play-Offs liefen und dort 8 Mannschaften jeweils in Zweiergruppen so lange gegeneinander spielen würden, bis in jeder Gruppe eine Mannschaft vier Spiele gewonnen habe und in die nächste Runde einziehen würde (bitte korrigiert mich, falls ich da etwas falsch verstanden habe!). So weit so gut.
Favorit ist dieses Jahr der letztjährige Gewinner HC Slavia Praha mit dem legendären ehemaligen Spieler und seit 2001 Trainer der Mannschaft Vladimír Růžička (mit ihm gelang es Tschechien 1998 bei den olympischen Spielen sowohl Kanada als auch die USA aus dem Spiel zu kicken und in einem legendären Jahrhundertspiel Russland zu besiegen und damit olympisches Gold zu holen). Mit all diesen Informationen und dem Wissen, dass es in der Halle nicht eiskalt sein würde, freute ich mich schon richtig auf das Spiel. Doch die Vorfreude würde getrübt. Denn Slavia Praha verlor das erste Spiel gegen die Mannschaft aus Ostrava, HC Vítkovice Steel mit unglaublichen 1:5. Na, dann konnte es ja mit dem Favoriten nicht weit her sein, dachte ich mir.
Und dann war der Tag gekommen. Schon vor dem Frühstück sortierte ich aus meiner Tasche alle Gegenstände aus, die als Wurfgeschosse missbraucht werden könnten. Kurz vor der O2 Aréna sah ich mich dann noch gezwungen, meine Kamera unter diversem Gerümpel, was Frau eben so mit sich in der Handtasche trägt, zu verstecken, da ich unbedingt ein paar Erinnerungsfotos machen wollte, Kameras in der Arena aber streng verboten sind. Doch wie ihr seht, war ich erfolgreich und konnte die Kamera durch die „scharfen“ Eingangskontrollen hindurchschmuggeln. Und unter uns gesprochen, ich hätte noch ganz andere Sachen in die Arena schmuggeln können.
Als wir dann an unseren Plätzen angekommen waren, entdeckte ich auf dem Eis Max, das Maskottchen von Slavia; ein mannshoher, unheimlich süßer Löwe mit rotem Trikot und rotem Stern auf dem rechten Auge. Ich schätze, ich habe mich dann ganz spontan in Max verliebt, denn seither muss ich immer an ihn denken. Ja, und während ich noch ganz entzückt von Max war, liefen auch schon die Spieler auf das Eis und die tschechische Nationalhymne erklang. Und schon ging es los. Zehn Spieler und vier Schiedsrichter liefen auf dem Eis diesem verdammt kleinen Puck hinterher. Und dann passierte es. Ich konnte gar nicht so schnell schauen, zumal ich die erste Viertelstunde sowieso ständig den Puck suchen musste. Doch noch in den ersten zwei Spielminuten schoss Slavia ein Tor und dann gleich noch eins!!!!
Der Fanblock von Slavia tobte. Innerhalb von Bruchteilen von Sekunden war der Block mit einer riesigen Slavia Fahne bedeckt, die ebenso schnell, wie sie entrollt worden war, wieder verschwand. In der Folgezeit konnte ich mich nur schwer entscheiden, ob ich dem Spiel folgen sollte, oder doch lieber beobachten, was die Fans als nächstes machten. Denn nicht nur, dass Sie das ganze Spiel, dass sich im übrigen in drei Drittel à 20 Minuten aufgliedert, stehend, mit Rufen wie „Slavia jedete“ (Los Slavia) oder „Slavie do toho“ (Go Slavia) verbracht haben, sondern sie hatten noch diverse Extras auf Lager. So wurde beispielsweise im zweiten Drittel ein riesiges Transparent mit zwei Löwen in Jagdkleidung und der Unterschrift „Die Jagdsaison geht weiter“ entrollt.
Je weiter das Spiel fortschritt, desto mehr verstand ich es auch. Ich hatte nun den Puck im Auge und mir fiel es auf, wenn ein Spieler eine Zeitstrafe wegen foulen bekam. Nach noch einem weiteren Tor und leider auch zwei Gegentoren war das Spiel dann auch schon vorbei. Nach dem Ende kam die Mannschaft kurz noch einmal aufs Eis und posierte zusammen mit Max für die Fans.
Fazit des Abends: Eishockey ist einfach nur cool, die Atmosphäre einfach genial, Max absolut schnuckelig und Eishockeyfans sind keine aggressiven Hooligans. Ich freue mich schon auf den nächsten Winter, dann komme ich bestimmt wieder. Und bis dahin drücke ich Slavia Praha noch die Daumen, dass sie morgen gewinnen, denn leider haben sie das dritte Spiel gegen Vítkovice verloren.