Ostrava/Prag - Der Magistrat der Stadt Ostrava (Mährisch Ostrau) will noch in diesem Jahr auf dem Gelände des einstigen Internierungslagers Hanke ein Denkmal für die dort in den ersten Wochen nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs ermordeten Deutschen errichten.
Darüber informiert der Magistrat auf den offiziellen Webseiten der Statutarischen Stadt im Osten Tschechiens.
In dem improvisierten Konzentrationslager, das bereits am 10. Mai 1945 auf dem Gelände der deutschen Speditionsfirma Hanke in der Bahnhofstraße errichtet worden war und das zur Internierung der deutschen Bevölkerung vor der Vertreibung dienen sollte, wurden innerhalb weniger Wochen 231 deutsche Zivilisten ermordet.
Gemäß den Bedingungen des künstlerischen Wettbewerbs wird das Werk auf der Grundlage eines Wettbewerbsentwurfs im Bereich zwischen den Straßen 30. dubna und Bieblova errichtet, entlang der Bahnhofsstraße - also auf dem Gelände des einstigen Internierungslagers.
Die Künstler haben bei der Gestaltung des Entwurfs im Prinzip absolute Freiheit: Einzige inhaltliche Bedingung ist, dass in das Werk folgender Text in tschechischer Sprache eingearbeitet wird: "An dieser Stelle stand das Internierungslager 'HANKE' für die deutsche Bevölkerung. Im Mai bis Juni 1945 wurden hier Menschen gefoltert und hingerichtet ohne Gericht und ohne Recht. Die Statutarische Stadt Ostrava, 2018".
Zu den technischen Anforderungen gehört die Verwendung eines QR-Codes, der auf detailliertere Informationen zu dem Lager in drei Sprachen (Tschechisch, Englisch, Deutsch) verweist.
Wie die Stadt mitteilt, wird über die Entwürfe bis Ende Februar eine Jury urteilen, die sich aus Vertretern der Stadt sowie Vertretern der Fachöffentlichkeit zusammensetzt.
Den Autoren von fünf ausgewählten Entwürfen soll ein Honorar in Höhe von 2000 bis 10.000 Kronen ausgezahlt werden. Entwürfe können bis zum 16. Februar um 13 Uhr bim Magistrat eingereicht werden.
Massenexekutionen von Zivilisten
Mit den Vorgängen in dem Lager befasste sich auf tschechischer Seite nach dem Ende des kommunistischen Regimes 1989 erstmals eingehend der Historiker Mečislav Borák.
In einer 1997 veröffentlichten Abhandlung für eine Publikation des Ostrauer Stadtarchivs schreibt Borák zu den extrem vielen Todesfällen im Lager Hanke: "Betrachtet man bloß die Tage, wann im Lager mehr als 4 Personen starben, stellen wir die Exekutionstage fest: 27.5. - 6 Personen, 28.5. - 18 Personen, 29.5. - 17 Personen, 30.5. - 28 Personen, 1.6. - 12 Personen, 3.6. - 14 Personen, 4.6. - 23 Personen, 7.6. - 4 Personen, 8.6. - 18 Personen, 9.6. - 26 Personen und 12.6. - unglaubliche 32 Personen. Das war der letzte Massenmord, auch für die wohlwollenden Vorgesetzten war das wahrscheinlich zu viel. Am nächsten Tag wurden die nachrevolutionären Aushilfswachen abgesetzt, und die Wache des Lagers wurde den Mitgliedern der StB anvertraut."
Wie Bořak feststellt, blieben die willkürlichen Grausamkeiten und Verbrechen an den internierten deutschen Zivilisten den tschechoslowakischen Behörden in der Nachkriegszeit keineswegs verborgen und führten schon 1947 zu ersten Untersuchungen. "Durch eine vorläufige Untersuchung wurde festgestellt, dass in diesem Internierungszentrum Massenhinrichtungen durchgeführt worden sein sollen und die Verhafteten - Männer und auch Frauen - unmenschlich gefoltert wurden. Das Lager wurde alsbald zum Schrecken nicht nur für die verhafteten Deutschen, sondern auch für die Bevölkerung aus der Umgebung."
Im Jahr 2015 wurde auf Initiative der Ostauer Bürgervereinigung "Okrašlovací spolek Za krásnou Ostravu" bereits eine kleine Gedenktafel an der Stelle des ehemaligen Internierungslagers angebracht. (nk)