Prag - Bei einer Wahlveranstaltung der Sozialdemokraten (ČSSD) in Brünn ist deren Vizevorsitzender Bohumil Sobotka am Mittwoch von einem Zuschauer zusammengeschlagen worden. Der Politiker erlitt eine Gehirnerschütterung und wurde zur Behandlung ins Krankenhaus gebracht, berichtete das Tschechische Fernsehen (ČT).

Die Polizei nahm den Angreifer unmittelbar nach dem Zwischenfall fest.

Den Berichten nach handelt es sich um einen 48-Jährigen aus Brünn, der bei der Festnahme einen betrunkenen Eindruck machte. Vor dem Angriff hatte der Mann die Veranstaltung in einem Pulk vorwiegend jüngerer Leute verfolgt, die Spruchbänder und T-Shirts mit Anti-ČSSD-Parolen trugen.

Als Sobotka das Wort ergriff, ging der Mann nahe ans Podium heran und deutete an, dass er ihn etwas fragen wollte. Darauf beugte sich der Politiker hinab, um ihn besser zu hören. In diesem Augenblick schlug der Angreifer ihm mit voller Wucht die Faust ins Gesicht, Sobotka fiel zu Boden. Zu weiteren Angriffen kam es nicht, weil Zuschauer und Parteifreunde sofort einen Schutzring um den Verletzten bildeten.

Unmittelbar danach waren Polizei und Ordnungskräfte zur Stelle. Bei seiner Verhaftung zeigte sich der Angreifer mit seiner Tat zufrieden und erklärte, er habe Sobotka bereits "wegen Amtsmissbrauch angezeigt".

Wenige Stunden vor dem Zwischenfall hatten die tschechischen Sozialdemokraten in einem Aufruf an alle Parteien sowie Präsident Václav Klaus zur Verurteilung jeder Form von Gewalt gegen politische Gegner aufgerufen. Anlass waren Störungen von Wahlkundgebungen der ČSSD, für die Parteichef Jiří Paroubek die Demokratische Bürgerpartei (ODS) verantwortlich machte.

Nachdem bei früheren Veranstaltungen rohe Eier und Tomaten auf sozialdemokratische Kandidaten geworfen wurden, greifen die Gegner der Partei nun zu gefährlicheren Gegenständen. So schleuderte gestern in Kladno (Mittelböhmen) ein Unbekannter ein mehrere Kilogramm schweres Einmachglas auf die Bühne, wo mehrere ČSSD-Vertreter nebeneinander standen. Wie durch ein Wunder wurde dabei niemand, doch eine Gewaltbereitschaft wie diese kannte Tschechien in der politischen Auseinandersetzung bislang nicht. (gp)