Cheb - Jedes zehnte Kind in den Grundschulen der Stadt Cheb (Eger) kann sich vorstellen, sich irgendwann zu prostituieren. Dies ist das Ergebnis einer Untersuchung der 3. Ärztlichen Fakultät der Karlsuniversität in Prag, bei der in der Stadt nahe der deutschen Grenze 900 Schülern der zweiten, sechsten und neunten Klassen ein anonymer Fragebogen ausgehändigt worden war. Über die Ergebnisse berichtete vergangene Woche das öffentlich-rechtliche Tschechische Fernsehen (ČT).
Auf die Frage „Was ist Prostitution“ wählten 23 Prozent der Kinder die Antwort: „Eine Gelegenheit, sich Geld für Drogen zu beschaffen“. Die Umfrage zeigte auch, dass jedem fünften Mädchen in den neunten Klassen bereits Geld für Sex angeboten worden ist. „Die Forderung von Sex gegen Bezahlung kann für empfindlichere Mädchen sehr traumatisch sein“, sagte die Untersuchungsleiterin Eva Vaníčková. Die überwältigende Mehrheit der befragen Kinder weiß dabei schlicht nicht, wie sie sich verhalten soll.
In fast jeder in die Untersuchung einbezogenen Klasse fanden sich zwei bis drei Kinder, die angaben, dass sie Mitschüler kennen, die sich prostituieren. In Cheb und Umgebung, wo sich Dutzende Nachtklubs befinden, die sexuelle Dienstleistungen anbieten, werden Frauen auf der Straße von deutschen Autofahrern oft wie Prostituierte mit der Frage nach käuflichem Sex angesprochen.
Die deutsche NGO Karo weist dabei schon seit Jahren auf das Problem hin, dass sich besonders im Grenzgebiet auch Kinder der Prostitution widmen. Vertreter der Stadt und der Polizei bezichtigen Karo allerdings der Übertreibung und haben die Zusammenarbeit mit dieser Organisation eingeschränkt. „Die Untersuchungsergebnisse überraschen mich nicht allzu sehr, ich bin eher geschockt, dass die Kinder nicht wissen, wie sie auf Angebote zur Prostitution regieren sollen“, sagte der Bürgermeister von Cheb, Jan Svoboda.
„Der schlechte Ruf der Stadt führt dazu, dass die Kinder sich nicht vorstellen können, in Zukunft in der Stadt zu bleiben. Während drei Viertel der Schüler der zweiten Klasse angaben, dass sie in Cheb bleiben wollen, findet sich unter den Neuntklässlern niemand mehr, der seine Zukunftsvorstellungen mit der Heimatstadt verbindet“, so Eva Vaníčková. Alarmierend ist ihrer Meinung nach auch, dass viele Schüler die Prostitution schon nicht mehr als negative Erscheinung wahrnehmen. (nk)