Prag - Mit dem Liebes- und Privatleben von Politikern sieht man es in Tschechien allgemein nicht so eng. Es gilt zunächst einmal als Privatsache, getreu dem Motto: Lieben und lieben lassen. Außereheliche Affären, Seitensprünge, in die Brüche gegangene Familien – für die Boulevardmedien ist das natürlich trotzdem ein gefundenes Fressen.
Denn wer zerrisse sich beim Friseur oder in der Kneipe nicht gern ungestraft das Maul über die politische Garnitur des Landes. Zumal man genau genommen auch noch unterscheiden muss zwischen dem atheistisch geprägten westlichen Landesteil Böhmen und dem östlichen Mähren, wo christlicher Glaube, Klerus und Traditionen noch tiefer verwurzelt sind.
So hatte sich der stellvertretende ČSSD-Vorsitzende Zdeněk Škromach im vergangenen Jahr öffentlich über seinen Parteichef Jiří Paroubek mokiert: “Vor allem in Mähren sind wir in diesen Dingen etwas konservativer und junge Geliebte werden nicht grade positiv betrachtet”. Dabei hatte Paroubek nur “gleichgezogen” mit seinem politischen Erzrivalen Mirek Topolánek. Wie wenige Monate zuvor der ODS-Premier, musste der Sozialdemokrat im Sommer vor der Öffentlichkeit zerknirscht das Scheitern seiner Ehe einräumen und konnte zugleich stolz eine neue Partnerin an seiner Seite präsentieren: eine attraktive Dolmetscherin, “das Fräulein Mgr. Petra Kováčová”.
Die Öffentlichkeit nahm es gelassen zur Kenntnis und sorgte sich vor allem, was aus dem Dackel des Ehepaars Paroubek werden würde (”Andy” blieb bei Frauchen). Jiří Paroubek ging dennoch in Windeseile daran, das Verhältnis zu seiner neuen Partnerin, die er nicht als “Geliebte” bezeichnet wissen wollte, zu “legalisieren”.
Scheidung von seiner Ehefrau Zuzana (einvernehmlich) und Hochzeit (glamourös) folgten in einer Geschwindigkeit, als befürchtete der ČSSD-Chef, seine Braut könnte es sich in letzter Sekunde doch noch anders überlegen. Die hatte in einem Interview auf die Frage, ob sie ihren Polit-Lover sexy finde, geantwortet: “Ja, sein Gehirn”.
Ganz anders der Verlauf der Liebesaffäre bei Premier Topolánek: Der erlebte zwar mit der Geburt seines Sohnes Nicolas noch einmal späte Vaterfreuden, doch eine rauschende Hochzeit mit Lucie Talmanová, der neuen Lebensgefährtin und Mutter des gemeinsamen Sohnes, blieb dem Regierungschef bisher versagt. Denn dummerweise zeigt sich die Noch-Ehefrau Pavla, mit der er drei gemeinsame Kinder hat, wenig einsichtig und will sich partout nicht scheiden lassen.
Was für den Privatmann Topolánek schon ärgerlich genug sein mag, bedeutet für den Premier Topolánek mitunter ein handfestes Problem mit dem Protokoll bei offiziellen Terminen. Und bringt vor allem Gastgeber in Verlegenheit. Zum Neujahrsessen beim Staatspräsidenten, das traditionell zu viert mit den Gattinnen genossen wird, erschien der Premier dieses Jahr jedenfalls alleine. Ein Jahr zuvor hatte ihn noch sein Ehefrau begleitet, obwohl auch damals schon bekannt war, wie es um die Ehe des Premiers stand.
Am Freitag dann nun der Paukenschlag im Vladislav-Saal auf der Prager Burg: Lucie Talmanová erscheint erstmals bei einem offiziellen Anlass an der Seite des Premiers. Und zwar nicht bei irgendeinem Anlass, sondern bei dem wohl feierlichsten aller feierlichen Anlässe, die die Tschechische Republik zu bieten hat, bei der pompösen Amtseinführung des Staatspräsidenten, die mit Fanfaren wie die Intrhonisierung eines Monarchen zelebriert wird. Was hat sich das Protokoll der Prager Burgverwaltung einfallen lassen müssen, um das Paar auch protokollarisch als solches zu akzeptieren? Oder reicht da ein Ukas des altneuen Staatspräsidenten, quasi als persönliches Dankeschön für die gelungene Wiederwahl?
Topolánek zeigte sich jedenfalls in ausgezeichneter Stimmung und beim Staatsakt gar zu Schabernack aufgelegt. Kurz nachdem Václav Klaus den Amtseid unterzeichnet hatte, und Topolánek an dem Pult vorbeiging, auf dem das Dokument samt Klausens persönlichem Platin-Luxus-Füllfederhalter lag, deutete Topolánek im Vorbeigehen mit einer Handbewegung an, dass er das wertvolle Schreibutensil mitgehen lassen könne.
Den Füllfederhalter hatte Klaus einen Tag zuvor im Blitzlichtgewitter von Medienvertretern als persönliches Geschenk der Firma Koh-i-noor Hardtmuth auf dem Hradschin entgegengenommen. Nach Angaben eines Firmenvertreters hat der Füller “einen nicht zu beziffernden Wert”, Auktionsfachleute schätzten den zu erzielenden Preis bei einer Versteigerung “auf bis zu einer Million Kronen”. Dem widersprach freilich umgehend Präsidentensprecher Petr Hájek: das Luxus-Schreibgerät habe lediglich einen Wert von etwa 100.000 Kronen. Für das Geschenk muss Klaus Schenkungssteuer entrichten. (nk)