Olomouc/Prag - Überraschende Wendung in einer vier Jahre zurückliegenden politischen Affäre um Bestechungsvorwürfe: Der ehemalige Parlamentsabgeordnete der Freiheitsunion Zdeněk Kořistka konnte das Oberste Gericht in Olomouc davon überzeugen, dass ihn vor vier Jahren Marek Dalík sowie der Lobbyist Jan Večerek versucht haben zu bestechen.
Wie tschechische Medien berichten, sah es das Gericht als erwiesen an, dass die beiden Kořistka Mitte 2004 zehn Millionen Kronen sowie den Posten des Botschafters in Bulgarien angeboten haben, wenn er im Prager Abgeordnetenhaus gegen die Entstehung der Koalitionsregierung unter der Führung von Stanislav Gross (ČSSD) stimmen würde.
10 Millionen Kronen und ein Botschafterposten
Marek Dalík, damals Assistent von ODS-Chef Topolánek und bis heute einer der engsten Vertrauten des Regierungschefs, sowie Jan Večerek scheiterten damit gestern als Kläger in zweiter Instanz in einer zivilrechtlichen Klage gegen Zdeněk Kořistka.
Das Gericht hob mit seinem Urteil das erstinstanzliche Urteil des Bezirksgerichts in Ostrava auf, das vor zwei Jahren zu dem Schluss gekommen war, dass der Bestechungsversuch nicht bewiesen sei. Damals gab das Bezirksgericht in Ostrava der Klage von Marek Dalík und Jan Večerek gegen Zdeněk Kořistka zum Schutz ihrer Persönlichkeit statt und verurteilte Kořistka dazu, sich bei Dalík und Večerek für die Bestechungsvorwürfe zu entschuldigen und ihnen insgesamt 30.000 Kronen zu zahlen.
Beide Seiten hatten damals gegen das Urteil Berufung eingelegt - Dalík und Večerek wollten auf diese Weise neben der geforderten Entschuldigung auch erreichen, dass Kořiskta jedem eine Summe von 500.000 Kronen zahlen sollte.
Das gestrige Urteil des Obersten Gerichts in Olomouc ist rechtskräftig. Der Sieger des Prozesses gab sich gestern erleichtert: „Um ehrlich zu sein, nach dem vierjährigen Martyrium habe ich nicht mehr geglaubt, dass es in der Justiz noch irgendeine Gerechtigkeit gibt. Ich bin angenehm überrascht, es ist für mich eine riesige Genugtuung", so Kořistka nach der Urteilsverkündung.
Die Rechtsvertreter von Dalík und Večerek erwägen jedoch, das Oberste Gericht in der Sache anzurufen. Kořistka erwartet andererseits in Sachen Bestechungsvorwürfe noch ein Berufungsverfahren in Prag, bei dem es um eine ähnliche Klage der ODS geht. Die Partei will auf diesem Wege von Kořiskta gar 10 Millionen Kronen erstreiten, da Kořiskta behauptet hatte, Dalík und Večerek hätten im Auftrag der ODS gehandelt.
Strafverfahren gegen Dalík und Večerek könnte möglicherweise wieder aufgenommen werden
Pikant an dem Urteil: Möglicherweise wird nun sogar das Strafverfahren gegen Dalík und Večerek wieder aufgenommen. So sagte die Chefin der Ostrauer Staatsanwaltschaft, Tamara Kornasová, gegenüber der in Prag erscheinenden Tageszeitung Právo, dass sie die schriftliche Begründung des Urteils anfordern und studieren werde.
Es sei grundsätzlich nicht auszuschließen, dass das Strafverfahren gegen Dalík und Večerek wieder aufgenommen werde und die beiden als Beschuldigte vor einem Strafsenat landeten.
Nach Aussage von Kornasová hängt das jedoch davon ab, ob während des zivilrechtlichen Verfahrens neue Tatsachen bekannt geworden und Beweise vorgelegt worden seien, die früher nicht bekannt waren. Dalík und Večerek waren von der Polizei nach Bekanntwerden der Bestechungsvorwürfe Ende September 2004 zunächst festgenommen worden. Da die Bezirksstaatsanwaltschaft in Ostrava jedoch keine Haftgründe gesehen hatte, waren beide nach wenigen Tagen wieder auf freien Fuß gekommen. Die Bezirksstaatsanwaltschaft in Ostrava hatte das Verfahren gegen Dalík und Večerek dann im November 2005 wegen Mangels an Beweisen zu den Akten gelegt.
Die Affäre Kořistka kochte danach noch einmal hoch, als kurz vor den Parlamentswahlen 2006 in tschechischen Medien Abhörprotokolle von Telefonaten zwischen ODS-Chef Mirek Topolánek und Marek Dalík auftauchten. Die Aufnahmen waren von der Polizei während den Ermittlungen in der Kořistka-Affäre angefertigt worden. Topolánek beschuldigte die regierende ČSSD damals, die Aufnahmen gezielt an die Presse lanciert zu haben. Die Sozialdemokraten betrieben "Missbrauch der staatlichen Sicherheitsorgane" für den Wahlkampf so der Vorwurf des ODS-Chefs. (nk)