Prag - Die tschechische Hauptstadt als ein Kingston an der Moldau zu bezeichnen, wäre definitiv übertrieben. Doch für eine mitteleuropäische Hauptstadt ist die Dreadlock-Dichte außergewöhlich hoch.

Dementsprechend groß scheint auch die Nachfrage an einschlägigen Partyreihen und Konzerten zu sein, wie der Blick in die Veranstaltungskalender bestätigt. Die Lucerna Music Bar sticht dabei regelmäßig mit Bookings hervor, die jedem Freizeit-Jamaikaner ein anerkennendes "Irie!" entlocken dürften.

Am 27.04. baut die ebenso erfolgreiche wie kontroverse Band T.O.K. ihr Soundsystem im Keller der Lucerna-Passage auf.

T.O.K. sind schon seit 2000 eine feste Größe der internationalen Reggae- und Dancehallszene und besetzen eine von Bässen durchgeschüttelte musikalische Nische mit Einflüssen aus R&B und HipHop, die live außerordentlich gut funktioniert.

Obwohl nach eigenen Angaben die amerikanischen Kult-Schmacht-Formation Boyz II Men als Inspirationsquelle für die Musik der vier Jungs aus Kingston diente, waren ihre Texte zu Beginn oft wenig romantisch. In Europa wurden T.O.K. oft in der Diskussion um Homophobie im Reggae genannt, die ihre Wurzeln in den immer noch vorhandenen Ressentiments der jamaikanischen Gesellschaft hat.

Im Jahr 2009 unterzeichneten T.O.K. wie zuvor bereits andere Künstler den "Reggae Compassionate Act", verpflichteten sich damit explizit einem universellen "One Love" und distanzierten sich auch öffentlich von den kritisierten Texten aus den frühen Jahren ihrer Karriere. Dass die Läuterung echt ist, bleibt zu hoffen und sollte ruhig immer wieder kritisch hinterfragt werden - in jedem Fall hat die europäische Reggae-Community in den letzten Jahren eine engagierte Wertediskussion geführt, die hoffentlich Auswirkungen im Heimatland des Genres haben wird. (kw)