Prag - Vor wenigen Jahren noch undenkbar und auch 70 Jahre nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs durchaus eine Sensation und ungewöhnliche Geste der Versöhnung: Das renommierteste Musikfestival Tschechiens wurde am gestrigen 12. Mai erstmals von einem deutschen Dirigenten und einem deutschen Orchester eröffnet.
Am Todestag Bedřich Smetanas spielte das NDR Sinfonieorchester Hamburg unter der Leitung von Thomas Hengelbrock den sinfonischen Zyklus "Má vlast" (Mein Vaterland) des tschechischen "Nationalkomponisten", der seit 70 Jahren das Eröffnungskonzert des besonders traditionsverbundenen und hoch ritualisierten Festivals bildet - und erntete stehende Ovationen und etwa zehnminutenlangen Beifall.
Das Konzert war aus dem Smetana-Saal des Prager Gemeindehauses vom öffentlich-rechtlichen Fernsehsender ČT art live übertragen worden.
Hengelbrocks Interpretation von Smetanas Meisterwerk, das den Tschechen als Nationalheiligtum gilt, bezeichnet der öffentlich-rechtliche Tschechische Rundfunk (ČRo) als "souverän, technisch präzise" und "temperamentvoll".
Was das - gerade bei diesem nationalen Kulturgut immer ganz besonders kritische - Publikum im Konzertsaal mit begeistertem Applaus honorierte, findet auch bei dem Musikkritiker Jindřich Bálek Anerkennung.
"Es war auffällig, dass dort relative viele Kontraste waren, besonders beim Abschnitt 'Vyšehrad', ziemlich überraschende Pausen wiederum beim 'Tábor'. Ich denke, der Klang war für manch einen überraschend, aber das ist wiederum eine weitere Art und Weise, wie man 'Má vlast' interpretieren kann", so der Publizist gegenüber ČRo.
Am heutigen Mittwoch wird der Zyklus "Mein Vaterland" noch einmal im Gemeindehaus gespielt. (nk)