Prag - Am Donnerstagmorgen fand bereits die zweite Protestdemonstration innerhalb weniger Tage statt, zu der die Initiative "Für ein kulturvolles Prag" (Za Prahu kulturní) im Rahmen der "Tage der Unruhe" aufgerufen hatte.
Wie tschechische Medien berichten, versammelten sich vor dem Prager Magistrat gegen 8.30 Uhr etwa 500 Demonstranten und forderten von den tagenden Ratsherren die Umsetzung der Forderungen der Petition der Initiative Za Prahu kulturní, die in den vergangenen Wochen etwa 23.000 Menschen unterschrieben hatten.
Die heutige Ratssitzung des Prager Magistrats endete jedoch bereits bei dem ersten Tagesordnungspunkt vorzeitig als demonstrierende Theaterleute in den Sitzungssaal eindrangen und mit Zwischenrufen, Trillerpfeifen und dem Klingeln von Schlüsselbünden die Sitzung störten.
Prags OB Pavel Bém (ODS) verließ daraufhin den Sitzungssaal, um kurz darauf in Jeans und Freizeitkleidung in den Ratssaal zurückzukehren - mit einem Glas Bier in der Hand: "Sie kommen hierher wie in eine Bierwirtschaft, also was sollte ich mir sonst hierher holen", so die Erklärung des Prager Oberbürgermeisters. Kurz darauf verließ Pavel Bém dann erneut den Sitzungssaal und kam nicht wieder.
Die von den Prager nicht-kommerziellen Theatern getragene Initiative macht Front gegen die Kulturpolitik der Prager Stadtverwaltung, die mittels eines neuen Subventionssystems gewinnorientierte Theater vor nicht-kommerziellen Bühnen bevorzugt. Im Zentrum der Kritik stehen der für die Kulturpolitik und Kulturförderung zuständige Ratsherr Milan Richter (ODS), dem seine Kritiker Inkompetenz vorwerfen, sowie das neue Förderungssystem, nachdem sich die Fördergelder nach der Zahl der verkauften Eintrittskarten richtet.
Förderung pro verkaufter Eintrittskarte liegt im Interesse gewinnorientierter Unterhaltungseinrichtungen
Dadurch werden besonders Einrichtungen gefördert, die massentaugliche Musicals oder hauptsächlich auf touristisches Publikum ausgerichtetes Marionetten- und schwarzes Theater auf die Bühne bringen, dabei aber in den Augen von Kritikern meist von zweifelhafter künstlerischer Qualität sind und deren Hauptzweck die Erwirtschaftung eines finanziellen Gewinns ihrer kommerziellen Trägergesellschaften ist.
Der verantwortliche Ratsherr Milan Richter verteidigt dagegen diese Art der Förderung als "objektiv und gerecht", da so Bühnen gefördert würden, die den Geschmack des Publikums träfen.
In der Petition wird unter anderem die Abberufung von Milan Richter von seiner Funktion gefordert, sowie die Trennung des nicht-kommerziellen Sektors von dem unternehmerischen Theater- und Unterhaltungseinrichtungen. Gefordert wird zudem die Rücknahme der Finanzreform bis zur Erarbeitung eines tragfähigen und gerechteren Bezuschussungssystems und einen Stopp der Umwandlung der Prager Theater in privatwirtschaftliche Subjekte.
Die Forderungen der Initiative hatte der Prager Stadtrat jedoch diese Woche bereits zurückgewiesen. Im Juni soll die Stadtvertretung stattdessen eine offizielle ablehnende Antwort an die Initiative Za Prahu kulturní verabschieden. Auf der Demonstration unterstrichen Redner, wie der Schauspieler Miroslav Táborský, die Forderungen der Initiative und kündigten weitere Protestaktionen an. (nk/gp)