Moskau/Prag - Zumindest für einen Tag könne der tschechische Präsident Václav Klaus (Foto) heute zu einer der Schlüsselfiguren der Weltpolitik werden, meint der Publizist Luboš Palata in der Tageszeitung Lidové noviny (Prag).
Klaus hält sich nämlich seit gestern in Moskau zum Staatsbesuch auf, wo ihn heute ein mehrstündiges Gespräch mit seinem russischen Amtskollegen Wladimir Putin erwartet.
Klaus, der sich lange Zeit nur äußerst zurückhaltend zu den amerikanischen Plänen für ein Raketenabwehrsystem mit Stützpunkten in Polen und Tschechien geäußert hatte, will in Moskau im Sinne Washingtons sprechen und versuchen, Putin von dem Militärprojekt zu überzeugen.
Kurz vor seiner Abreise nach Moskau hatte Klaus mit US-Präsident George W. Bush telefoniert, um die Verhandlungsstrategie abzusprechen. Die Chancen auf einen Vermittlungserfolg sind indes gering.
Putin hatte den Ton gestern deutlich verschärft, indem er in seiner letzten „Rede zur Lage der Nation“ angekündigt hatte, den mit der Nato 1990 geschlossenen KSE-Vertrag über konventionelle Streitkräfte in Europa einseitig auszusetzen. Als Grund führte er unter anderem die US-Pläne für den Raketenabwehrschild an.
Klaus gilt als idealer Vermittler in der Raketenfrage
Klaus sagte, er wolle gegenüber Putin noch einmal deutlich machen, dass das System nicht gegen Russland gerichtet sei. „Ich weiß, dass das amerikanische Raketenabwehrsystem nicht gegen Russland eingesetzt werden kann. Ich will versuchen, meine russischen Partner darauf aufmerksam zu machen“, so Klaus.
Klaus gilt in dem derzeitigen Streit zwischen Washington und Moskau als idealer Vermittler, da er dank zahlreicher Russland-freundlichen Reden und Gesten bei Putin eine große Sympathie genießt - möglicherweise die größte unter den derzeit amtierenden mitteleuropäischen Staatsoberhäuptern, so Lidové noviny. Der Raketenschild wird das wichtigste Thema der tschechisch-russischen Gespräche sein.
Außerdem sollen Fragen der wirtschaftlichen Zusammenarbeit diskutiert werden. Klaus wird von einer großen Delegation begleitet, zu der nicht nur mehrere Minister, sondern auch zahlreiche Unternehmer gehören. Während des Besuchs sollen milliardenschwere Wirtschaftsverträge abgeschlossen werden. (gp/nk)