Prag - Es gibt Zufälle, die gibt es gar nicht, und es gibt Zufälle, die so ärgerlich sind, dass man den Zufall als solchen dafür verfluchen möchte.
So ein Fall ist wohl je nach Perspektive die Tatsache, dass innerhalb von nur einer Woche zwei Gründerväter der Band The Velvet Underground in Prag Konzerte geben: Nämlich John Cale am 9. März im Divadlo Archa und Lou Reed am 17. März im Prager Kongresszentrum.
John Cale hinterlässt seine Spuren in der Musikgeschichte bereits seit fast 40 Jahren. Von seiner Zeit bei The Velvet Underground bis zum aktuellen Album BlackAcetate war John Cale immer ein Garant für anspruchsvolle, dabei oft sehr eigenwillige Musik und ausdrucksstarke Kompositionen. Zudem kann Cale auch auf eine Unzahl einflussreicher Produktionen zurückblicken, von den Stooges über Patti Smith und Nico bis zu den Happy Mondays.
Ungleiche Medienaufmerksamkeit und Publikumsgunst
Allerdings hat der 1942 in Wales geborene Musiker ein Problem. Und das Problem hat einen Namen: Lou Reed. Dies wurde spätestens 1999 bei Erscheinen der Caleschen Autobiografie klar, die in weiten Teilen von Weinerlichkeit und Zorn gegen den einstigen Weggefährten geprägt ist.
Immer wenn das verkannte Genie glaubt, wieder eine schöne Spur in der Musikgeschichte hinterlassen zu haben, wird sie von des Rivalen großen Fußstapfen zertrampelt. Jedenfalls so, dass Publikum und Medien ihre Aufmerksamkeit vorübergehend lieber dem New Yorker als dem einstigen Musikstudenten widmen.
Und so wird es wohl auch diesmal im März sein, wenn John Cale mit seiner Band im Prager Divadlo Archa auftritt. Denn wieder wird er im Schatten des Erzrivalen stehen, der sich nur eine Woche später auf ungleich größerer Bühne im Prager Kongresszentrum selbst zelebrieren wird. Vermutlich in Anwesenheit von Ex-Staatspräsident Václav Havel, mit dem Lou Reed seit Jahren freundschaftlich verbunden und per Du ist. Wer zum Konzert von Lou Reed geht, sollte sich also das Gastspiel von John Cale zumindest als Vorspiel gönnen. (nk)