Prag - Das Zerwürfnis zwischen der Demokratischen Bürgerpartei (ODS) und ihrem langjährigen Vorsitzenden, dem tschechischen Staatspräsidenten Václav Klaus, tritt immer deutlicher zutage.

In einem am Wochenende erschienenen Interview mit der Prager Tageszeitung Lidové noviny bezeichnete Klaus das Kabinett Mirek Topolánek (ODS) als die "am stärksten von Lobbyinteressen beeinflusste Regierung" Tschechiens. Die Partei ließ nicht lange auf eine Reaktion warten.

Mit ungewöhnlich scharfen Worten kommentierte der ODS-Vize und frühere Innenminister Ivan Langer die Aussagen des Präsidenten am Sonntag in einer politischen Talk-Show des Tschechischen Fernsehens (ČT). "Ich weiß nicht, ob es am Alter liegt, an Gedächtnisschwund oder an einem freudschen Komplex, wonach man diejenigen am meisten verletzt, die einem am meisten geholfen haben", so der ODS-Politiker.

Er erinnerte daran, dass Klaus seine Wahl zum Staatspräsidenten vor allem der ODS zu verdanken habe. Die Angriffe des Präsidenten seien ihm unverständlich und täten ihm "im Herzen weh".

Die Spannungen zwischen Klaus und Topolánek wurden bereits unmittelbar nach dessen Wahl publik. Damals gelangte eine SMS an die Öffentlichkeit, in der der Präsident Topolánek als "leer und falsch" bezeichnet hatte. Zum Bruch kam es im Spätherbst vergangenen Jahres nach der für die ODS verheerenden Niederlage bei den Regional- und Senatswahlen.

Beim Sonderparteitag der ODS legte Klaus seinen Ehrenvorsitz ab und erklärte den Delegierten, er könne sich mit der Linie der neuen Parteispitze nicht mehr identifizieren.

Zuletzt hatten sich die Beziehungen zwischen Klaus und der ursprünglich von ihm gegründeten Partei im Zusammenhang mit der Ratifizierung des EU-Reformvertrags durch das Parlament erneut zugespitzt. Als ein Teil der ODS-Senatoren für die Ratifizierung stimmte, sprach Klaus von einem "Versagen der politischen Eliten" des Landes. (gp)