Die Grenzöffnung der einst hinter dem Eisernen Vorhang liegenden Länder brachte für die dort lebenden Menschen neben Freiheit und Freizügigkeit auch eine Reihe von gravierenden sozialen Veränderungen mit sich.
Das Wohlstandsgefälle zwischen Deutschland und Österreich einerseits und der Tschechischen Republik anderseits ließ entlang der gemeinsamen Grenzen einen neuen Markt entstehen: Männer aus Deutschland und Österreich nehmen die Dienste von Prostituierten in Anspruch, die in den auf tschechischer Seite liegenden Bordellen arbeiten oder sich auf dem Straßenstrich verdingen.
UNICEF-Berichte zur Kinderprostitution
Prostitution ist heute eine gesellschaftliche Realität und im tschechisch-deutschen Grenzgebiet bekanntlich eine augenfällige Erscheinung. Dass in Deutschland in Rotlichtetablissements arbeitende Mädchen ebenfalls oft aus Tschechien und Osteuropa stammen und dabei nicht selten Opfer von skrupellosen Menschenhändlern sind, ist ebenfalls hinlänglich bekannt.
Vor allem Berichte über die Kinderprostitution in Tschechien haben jedoch kurz nach der Jahrtausendwende für ein lautes mediales Echo und Aufruhr gesorgt. Unbestritten dabei ist, dass es Kinderprostitution - auch - in Tschechien gibt. Über das tatsächliche Ausmaß unterscheiden sich die Angaben je nach Quelle aber zum Teil erheblich.
Besonders ein im Oktober 2003 von der UNICEF Deutschland und der Organisation ECPAT Deutschland vorgelegter Bericht, dem zu Folge der Kinderstrich im westböhmischen Grenzgebiet Züge eines Massenphänomens anzunehmen drohe, rief beiderseits der Grenze heftige, dabei jedoch auch sehr unterschiedliche Reaktionen hervor und wurde zu einem bilateralen Politikum.
Publikation "Kinder auf dem Strich"
Von tschechischen offiziellen Stellen wurde der vorgelegte Untersuchungsbericht als unseriös bezeichnet und das darin behauptete Ausmaß der Kinderprostitution als maßlos übertrieben dargestellt. UNICEF und ECPAT wurde der Vorwurf gemacht, sich auf unbelegte Behauptungen einer einzigen Organisation zu stützen, nämlich der umstrittenen Nichtregierungsorganisation KARO.
Der Zeitpunkt der Veröffentlichung der Studie am 28. Oktober, dem tschechischen Nationalfeiertag, und die gleichzeitige Veröffentlichung des Buches "Kinder auf dem Strich" der für KARO tätigen Sozialarbeiterin Cathrin Schauer wurden zudem als Beleg dafür ins Feld geführt, dass das eigentliche Ziel Medialisierung und Skandalisierung sei, um Gelder für weitere Projekte zu erhalten und den Verkauf des Buches zu unterstützen.
UNICEF und ECPAT dagegen warfen den tschechischen Behörden vor, vor dem Problem des Kinderstrichs und der Zwangsprostitution die Augen zu verschließen, das Problem bewusst klein zu reden und dabei dem Kindersextourismus und Treiben des organisierten Verbrechens untätig zuzusehen.