Phänomen Asia-Markt: Im Volksmund oft auch als "Tschechenmarkt", "Schwarzmarkt" oder verächtlich gar als "Fidschimarkt" bezeichnet, findet man viele dieser Märkte an den aus Deutschland und Österreich kommenden Verbindungsstraßen kurz hinter der tschechischen Grenze.
Überwiegend vietnamesische und chinesische Händler bieten dort auf mitunter nur aus provisorischen Verkaufsbuden bestehenden "Basaren" ein breit gefächertes Warensortiment an - das seit gut 25 Jahren offenbar nahezu magische Anziehungskraft auf die Kundschaft aus Deutschland und Österreich ausübt.
Doch tschechischen Medienberichten nach haben die Asia-Märkte allgemein wohl ihre beste Zeit hinter sich und sind tendenziell auf dem Rückzug. Einige Märkte sind in den vergangenen Jahren sogar ganz wieder verschwunden. Dafür gibt es verschiedene Gründe: Zum einen hat die Inbetriebnahme von großen Teilen der Autobahn Dresden-Prag zu einer Verlagerung der aus Sachsen kommenden und nach Tschechien fließenden Verkehrsströme geführt. Manche zuvor stark frequentierte Straßen und Märkte wurden schlicht vom Hauptbesucherstrom abgeschnitten.
Zum anderen sind vielen tschechischen Gemeinden die Märkte inzwischen ein Dorn im Auge. Denn seit sich die Grenzmärkte immer mehr auch zu Drogenumschlagplätzen und somit zu Anziehungspunkten für Rauschgiftkonsumenten aus Deutschland und Österreich entwickeln, sehen vielerorts die verantwortlichen Kommunalpolitiker eine rote Linie überschritten. Die Befürchtung ist groß, dass das Schmuddelimage der Märkte auf die Gemeinden selbst abfärbt und deren Ruf dauerhaft beschädigt.
Warensortiment
Das Sortiment der auf den Märkten angebotenen Waren ist dabei wahrlich breit: Klassiker sind Alkohol, Zigaretten, Feuerwerkskörper, stark nachgefragt sind offenbar CDs, DVDs, aber auch beispielsweise Waffen, Wurfsterne und Elektroschocker.
Als vorzeigbarer Blickfang dienen meist Kinderspielzeug, Kinderbekleidung, Kleidung, Schuhe, Lederwaren, Bijouterie, Uhren, Modeschmuck, Accessoires, Parfüm und Kosmetikartikel, Drogerieartikel, Unterhaltungselektronik, Haushalts- und Küchengeräte, Gartenutensilien (Gartenzwerge, Vogelhäuser).
Warenqualität
Etwas generalisiert kann man die Produkteigenschaften der offen feilgebotenen Waren dabei mit einem oder mehreren der folgenden Merkmale charakterisieren: billig, exotisch, kitschig, von minderwertiger Qualität, gesundheitsgefährdend, Marken- und Urheberrechte verletzend, in Deutschland und Österreich verboten.
Auf das nur unter dem Ladentisch auf Nachfrage angebotene Sortiment an Drogen, insbesondere Crystal Meth und Marihuana, treffen zumindest einige dieser Eigenschaften ganz sicher auch zu.
Gefälschte Markenartikel
Nach Einschätzung deutscher Polizeibehörden und des tschechischen Zolls sind die Asia-Märkte nicht nur Drogenumschlagplätze, sondern auch fest in der Hand der fernöstlichen Fälschermafia. Gefälscht wird dabei alles, was vom Kunden nachgefragt wird: Beispielsweise Louis Vuitton, Burberry, Prada, Armani, Puma, Adidas, Hugo Boss, Diesel, Calvin Klein, Tommy Hilfiger, Lacoste Jack Wolfskin oder Northface.
Doch inzwischen werden nicht mehr nur Luxusprodukte und Edel-Marken wie Uhren von Rolex oder Breitling gefälscht. Nach Einschätzung des tschechischen Zolls geht der Trend hin zu Gegenständen des täglichen Gebrauchs und Drogerieartikeln. Auch gefälschte Waschmittel (Ariel), Damenbinden (Always) und Shampoos (Schwarzkopf) werden inzwischen angeboten, wobei die Produkte oder zumindest deren Verpackungen oft selbst für Experten dem Augenschein nach kaum noch vom Original zu unterscheiden sind.
Preise
Die auf den Asia-Märkten ausgeschilderten Preise sind in der Regel verhandelbar.
Wer über etwas Verhandlungsgeschick verfügt, kann durch feilschen die "Listenpreise" sicher meist noch deutlich nach unten drücken.
Öffnungszeiten
Ob Sonn- oder Feiertag, Weihnachten oder Silvester: Die Öffnungszeiten der Verkaufsstände ist weitgehend der Nachfrage und dem Einkaufsverhalten der motorisierten Kunden aus Deutschland und Österreich angepasst.
Die meisten Märkte haben an sieben Tagen in der Woche mindestens bis 21 Uhr geöffnet, auf großen Märkten halten manche Händler ihre Verkaufsstellen auch noch länger offen.
Umtausch, Reklamation, aufdringliche Händler
Zwar haben Kunden in Tschechien beim Einkauf auf einem Asia-Markt von Gesetzes wegen Anspruch auf eine Quittung. Dem entsprechend sollte ein späterer Umtausch oder gegebenenfalls auch eine Reklamation möglich sein.
Doch inwieweit diese gesetzlichen Ansprüche in der Praxis auch tatsächlich geltend gemacht und durchgesetzt werden können, hängt sicher nicht zuletzt von der Art der erworbenen Ware ab.
Gewalt am Asia-Markt?
In Internetforen, in denen Erfahrungen auf den Asia-Märkten ausgetauscht werden, finden sich oft Einträge, in denen vor aufdringlichen oder gar aggressiven Verkäufern gewarnt wird. Dem gegenüber stehen jedoch meist unzählige Einträge, in denen von problemlosem Einkaufen berichtet wird.
In jedem Falle sollte man sich darüber im Klaren sein, dass viele Händler eben auch "nicht koschere" Waren in ihrem Sortiment bereit halten. Fotoapparate und Kameras sind daher auf Asia-Märkten in der Regel nicht gern gesehen, oft hängen auch entsprechende Hinweise aus. Fühlen sich Händler in ihrem möglicherweise kriminellen Tun oder gar ihrer Existenz bedroht, kommt es mitunter sogar zu gewalttätigen Auseinandersetzungen mit Ordnungshütern.
Drogen, Shopping und Schleierfahndung
Gerade die billigen Rauschmittel (sozusagen direkt vom Produzenten) haben die grenznahen Märkte inzwischen zu einem Politikum gemacht.
Von deutscher und österreichischer Seite mehren sich Forderungen an die tschechischen Behörden, endlich hart durchzugreifen und die Märkte in der Grenzregion einfach zu schließen. In Polizeikreisen gelten die Verkaufsbuden heute schlichtweg als "Drogenbasare", entsprechend wächst der Druck auf die tschechische Seite, aktiv zu werden und den illegalen Geschäften ein Ende zu bereiten.
Tatsächlich dürfte den meisten Käufern von illegalem Zeug - beispielsweise Waffen (Springmesser, Wurfsterne, Elektroschocker) oder lebensgefährlichen Silvesterkrachern - wohl sehr klar sein, dass sie gegen geltende Gesetze verstoßen. Wer würde sonst seine Einkäufe bei der Rückreise im Auto oder Zug verstecken?
Zuständig für die Schleierfahndung im deutsch-tschechischen Grenzgebiet sind unter anderem die Verkehrswegeinheiten des deutschen Zolls. Die Berichte dieser Behörde jedenfalls sind voll von Berichten über erfindungsreiche Verstecke beim Grenzübertritt für die Einkäufe aus Tschechien - und den Katzenjammer der Erwischten.
Asiatische Küche und günstige Dienstleistungen
Doch wer die Asia-Märkte nur als "Drogenbasare" verteufelt, macht es sich etwas einfach. Sicher ist vieles, von dem, was angeboten wird, illegal oder zumindest in Deutschland verboten wie zum Beispiel nicht amtlich geprüfte Feuerwerkskörper, bestimmte Waffen und Drogen.
Doch wie auch in Tschechien im Hinterland, zeichnen sich die umtriebigen und geschäftstüchtigen asiatischen Händler meist nicht nur durch Fleiß aus, sondern auch durchaus durch Kundenorientiertheit - was nachgefragt wird, wird angeboten und man kommt den Wünschen des Kunden gerne entgegen.
Dem entsprechend hat sich das Waresortiment und Angebot in den vergangenen Jahren durchaus verändert. Immer mehr werden zu günstigen Preisen Dienstleistungen angeboten: Heute findet man auf den Asia-Märkten auch Friseure, Nagelstudios (Maniküre, Pediküre, künstliche Fingernägel), ja sogar Schuhschnelldienste und Änderungsschneidereien. Selbstverständlich gibt es asiatische Restaurants, Schnellimbisse sowie Lebensmittelmärkte mit Asia-Sortiment.
Das alles kann den grenznahen Asia-Markt zu einem lohnenden und spannenden Zwischenstopp machen.