Prag – Der außenpolitische Chef der Kanzlei des tschechischen Präsidenten, Rudolf Jindrák, dankte am Montag der deutsch-tschechischen Wirtschaft für den "riesigen Anteil", den sie an der guten Nachbarschaft beider Länder habe. In seinem Gastvortrag im Rahmen der Mitgliederhauptversammlung der Deutsch-Tschechischen Industrie- und Handelskammer (DTIHK) bat er die rund 120 Wirtschaftsvertreter, trotz des eklatanten Fachkräftemangels "nicht das Land zu verlassen" und plädierte dafür, ausländische Arbeitskräfte vor allem aus EU-Ländern für einen dauerhaften Aufenthalt in Tschechien zu werben. Die DTIHK feiert in diesem Jahr ihr 25-jähriges Jubiläum. Zuvor waren auf der Hauptversammlung Filip Dvořák (BASF CZ) und Milan Šlachta (Bosch CZ, SK) neu in den Vorstand gewählt worden.
Als "größtes wirtschaftliches Problem und eine Wachstumsbremse" bezeichnete Rudolf Jindák den eklatanten Fachkräftemangel. Die tschechische Wirtschaft und Gesellschaft müssten geöffnet werden - nicht nur für Kapitalfluss, sondern auch für Arbeitskräfte aus dem Ausland. Der außenpolitische Chef der Prager Burg distanzierte sich von der Haltung der Regierung, nur vorübergehend ausländische Leiharbeiter ins Land zu holen. "Wir sollten uns bemühen Menschen nach Tschechien zu holen, die dauerhaft hier bleiben und arbeiten möchten", vor allem aus Mitgliedstaaten der EU.
Jindrák bat die Vertreter der deutsch-tschechischen Wirtschaft trotz des Fachkräftemangels im Land zu bleiben und weiterhin zu den guten Beziehungen beider Länder beizutragen. "Ausländische Investoren hier zu halten, ist eine der großen Aufgaben der tschechischen Regierung." Auch Präsident Zeman sei sich bewusst, wie groß das Problem des Fachkräftemangels für die Wirtschaft sei und man arbeite an weiteren Maßnahmen.
Mit Bezug auf den Euro sowie andere Unstimmigkeiten innerhalb der EU kritisierte Jindrák, dass "die Abgehobenheit der Brüsseler Eliten vom politischen Alltag der einzelnen Mitgliedstaaten immer größer" werde und erteilte zugleich einer EU der zwei Geschwindigkeiten eine Absage. Man müsse den Bürgern Europa besser erklären. Der Weg dahin sei aber nicht, dass die EU-Kommission den einzelnen Mitgliedstaaten immer mehr Entscheidungskompetenzen wegnehme. "Wie wollen Sie von Politikern verlangen, dass sie Europa verteidigen, wenn man ihnen Entscheidungskompetenzen und Verantwortung nimmt", fragte Rudolf Jindrák.
Der Direktor für Außenbeziehungen der Prager Burg dankte der deutsch-tschechischen Wirtschaft für ihren "riesigen Anteil", den sie an der guten Nachbarschaft beider Länder habe. Ohne gute wirtschaftliche Beziehungen seien auch die außenpolitischen Möglichkeiten stark eingeschränkt. Deutschland und die bilateralen Beziehungen seien für ihn eine Herzensangelegenheit, so Rudolf Jindrák, der viele Jahre tschechischer Botschafter in Berlin war
Zuvor waren im DTIHK-Jubiläumsjahr auf der Hauptversammlung Filip Dvořák, Managing Director von BASF Tschechien, und Milan Šlachta, Repräsentant der Bosch Group in Tschechien und der Slowakei, neu in den Vorstand gewählt worden. Isabel Biedermann (DB Cargo), Dieter Seemann (Škoda Auto) und Borek Severa (MediaTrust Communications) wurden im Amt bestätigt.