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Tschechien OnlineTschechien Online | Rubrik: Politik | 15.4.2007
Bestand der Koalition hat für Regierungschef aber Vorrang

Prag - „Der Zeitpunkt, an dem der Vorsitzende der Volkspartei Jiří Čunek die Regierung verlassen sollte, ist schon gekommen.“ Das sagte Premier Mirek Topolánek am Sonntag in im öffentlich-rechtlichen Tschechischen Fernsehen (ČT).

Auch wäre eine Entlassung seines Ministers für Regionalentwicklung und Stellvertreters als Premier nach Einschätzung von Topolánek kein Bruch des Koalitionsvertrages.

Inhaltlich gab der Regierungschef den Grünen recht, die seit Tagen Čuneks Rücktritt fordern. Erneut legte er Čunek einen „befristeten Rückzug“ aus der Regierung nahe, bis dessen Unschuld in der seit Wochen andauernden Korruptionsaffäre bewiesen sei.

Ein Ultimatum mochte Topolánek Čunek nicht stellen, auch lehnte es Topolánek ab, mit der Entlassung von Čunek den Bestand der Regierungskoalition auf Spiel zu setzen. "Ich unternehme keinen Schritt, der in diesem Moment die Koalition zertrümmern würde, so Topolánek in der Diskussionssendung „Otázky Václava Moravce“.

Topolánek kündigte an, dass er sich bald mit Čunek treffen wolle und ihm einen ehrenhaften Rückzug aus der Regierung sowie eine Rückkehr für den Fall anbieten wolle, dass sich die Korruptionsvorwürfe gegen ihn nicht erhärten lassen. Er wolle Čunek von seinen Regierungsämtern jedoch nur in dem Fall abberufen, dass er darüber mit Vertretern der Volkspartei übereinkommt und ein solcher Schritt nicht den Bestand der Regierungskoalition gefährde.

Čunek zeigt sich kritikresistent

Wann genau er sich mit Čunek treffen werde, sagte Topolánek nicht, in dieser Woche dürfte es allerdings noch nicht zu dem Treffen unter Vier Augen kommen, da der Premier sich in Schweden zum Staatsbesuch aufhält.

Čunek lehnte es ebenfalls am Sonntag in einer Diskussionssendung des privaten Senders TV Prima ab, zu sagen, ob und wie er auf die Rücktrittsaufforderung des Premiers reagieren werde. Er wolle zunächst die Diskussion mit Topolánek und dem Chef der Grünen, Martin Bursík, abwarten.

Unterdessen bekräftigte Čunek gestern, dass er sich auch weiterhin in seiner Funktion als Vizepremier einmischen werde, wenn es um das Thema Minderheitenpolitik gehe. Er nahm gestern an einer Fernsehdiskussion teil, in der unter anderem um die künftige Regierungspolitik gegenüber der Roma-Minderheit ging. Dabei hatte Topolánek Čunek noch am Samstag aufgefordert, sich nicht zu Roma-Themen zu äußern.

Der Republikrat der Partei der Grünen hatte am Samstag eine Beschlussfassung verabschiedet, in der die Abberufung oder der Rücktritt von Čunek aus der Regierung gefordert wird. Nach dem Beschluss sollen die Vertreter der Regierungsparteien Gespräche über die Bedingungen des weiteren Fortbestehens der Koalition führen.

Der Vorsitzende der Christdemokraten Jiří Čunek, gegen den die Polizei wegen Korruptionsverdachts ermittelt, steht schon seit Wochen unter starkem politischen Druck. Die Kritik an seinem Verbleib in der Regierung hat noch zugenommen, seit Čunek vorvergangene Woche mit Äußerungen zur Roma-Problematik für Schlagzeilen gesorgt hatte, die sowohl von den Grünen als auch von der ODS als „xenophob“ eingestuft worden waren. (nk/gp)

Themen: Jiří Čunek, Mirek Topolánek, Martin Bursík

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