Prag - Der ehemalige tschechische Premier und langjährige Vorsitzende der tschechischen Sozialdemokraten, Miloš Zeman, hat am Montag bestritten, dass er hinter den Abgängen von einigen Abgeordneten aus der ČSSD-Fraktion steht.
Angesprochen auf mögliche Präsidentschaftsambitionen, sagte Zeman gegenüber dem öffentlich-rechtlichen Tschechischen Fernsehen (ČT), dass er für das höchste Staatsamt nur dann kandidieren würde, wenn sich dies ein "mehrheitlicher Teil des politischen Spektrums" wünsche - was er selber aber für "absurd" halte.
Die in Prag erscheinende Tageszeitung Mladá fronta Dnes sieht heute dennoch eine Kampagne im Gange, die Zeman "auf die Burg", also ins Präsidentenamt bringen soll. Als Beleg dafür führt sie die Aktivitäten der kürzlich gegründeten "Vereinigung der Freunde von Miloš Zeman" an.
So habe gestern habe der bekannte Strippenzieher und Lobbyist, Miroslav Šlouf, Miloš Zeman selbst und dessen beiden Freunde, Karel Srp und Ex-Minister Miroslav Grégr in seine Wohnung eingeladen. Langfristiges Ziel der "Verschwörer" (Mladá fronta Dnes) sei es, Miloš Zemans Rückkehr in die aktive Politik und ins höchste Staatsamt im Jahr 2013 vorzubereiten. Jüngster medialer Coup der Altherren-Truppe: Heute bekannte sich sogar der ČSSD-Ehrenvorsitzende Slavomír Klaban zu dem Zeman-Fanclub, als dieser ihm einen Hausbesuch abstattete, und kündigte an, in den nächsten Tagen auch die offiziellen Beitrittsunterlagen auszufüllen.
Präsidentschaftsambitionen? Zeman antwortet mit Rundumschlag gegen politische Klasse in Tschechien
In dem Interview mit ČT kritisierte Zeman gestern in einem Rundumschlag die politische Garnitur des Landes: „Allen politischen Parteien fehlen Persönlichkeiten, die einen Dialog führen und Abmachungen einhalten können". Zu dem von den Überläufern Miloš Melčák, Michal Pohanka, Evžen Snítilý und Petr Wolf verursachten Personalschwund der ČSSD-Fraktion sagte Zeman, dass er von den Abgängen "aus dem Fernsehen erfahren" habe. Vielen in der ČSSD gilt dabei grade der inzwischen aus der ČSSD ausgetretene Ex-Vorsitzende Zeman als der Drahtzieher hinter dem Weggang der genannten Parlamentsabgeordneten.
Auch einen Giftpfeil gegen den gegenwärtigen ČSSD-Chef Paroubek schoss Zeman im Zusammenhang mit den "Überläufern" ab: „Weder freut mich das, noch überrascht es mich. Mir ist das auch passiert, dass ich den Ausschluss von zwei Abgeordneten vorgeschlagen habe, die nicht für den Regierungshaushalt gestimmt haben. Unnormal ist aber, dass sich die Abgeordneten verpflichten, für etwas zu stimmen, das nicht Bestandteil des Parteiprogramms ist", so Zeman.
Als Beispiel dafür nannte er die Wahl des Staatspräsidenten im Februar, bei der Parteichef Jiří Paroubek die Abgeordnetenfraktion und sozialdemokratischen Senatoren auf die Stimmabgabe für Václav Klaus´Gegenkandidaten Jan Švejnar eingeschworen hatte. Die Wahl gewonnen hat bekanntlich trotzdem Václav Klaus und die ČSSD-Fraktion war dabei um ein weiteres Mitglied, nämlich den "Präsidentenmacher" Evžen Snítilý, geschrumpft. (nk)