Prag - Die meisten Arbeitslosen sind an ihrer Situation selbst Schuld, wer wirklich arbeiten will, der findet auch Arbeit. Diese Einstellung war in Tschechien bis vor kurzem noch weit verbreitet.

Nun zeigt eine repräsentative Umfrage der Agentur STEM (Prag), dass das Vorurteil vom "Sozialschmarotzer" auf dem Rückzug ist.

Die Meinungsforscher stellten an zehn Tagen im April rund 1200 Erwachsenen die Frage: "Denken Sie, dass es sich bei der Mehrheit der heutigen Arbeitslosen um Menschen handelt, die kein echtes Interesse an einer Beschäftigung haben?" Eine bejahende Antwort gab zwar mehr als ein Drittel der Respondenten (36 Prozent), doch ist dieser Anteil im Vergleich mit den Vorjahresergebnissen deutlich geschrumpft.

Eine negative Einstellung gegenüber Arbeitslosen äußerten im April vergangenen Jahres noch 42 Prozent, 2008 sogar mehr als die Hälfte der Befragten (54 Prozent). Dabei zeigte sich, dass diese Haltung vor allem unter materiell besser gestellten Bürgern und Anhängern der Demokratischen Bürgerpartei (ODS) verbreitet ist.

Unverändert hoch ist mit rund 60 Prozent der Anteil der Tschechen, die ein gewisses Maß an Arbeitslosigkeit für gesellschaftlich positiv halten. Diesen Standpunkt vertreten häufiger Menschen mit Hochschulabschluss, Anhänger konservativer Parteien und Wohlhabende. Hier zeigten sich auch nur geringe Unterschiede zwischen Angestellten und Selbstständigen oder Unternehmern.

Die meisten Befragten (72 Prozent) vertraten die Auffassung, dass es die Aufgabe des Staates sei, für ausreichend Arbeitsplätze zu sorgen, und zwar weitgehend unabhängig von Alter, sozialer Schicht und Schulbildung. Was die politische Orientierung betrifft, teilten vor allem Anhänger der Kommunisten (KSČM) und Sozialdemokraten (ČSSD) diese Meinung.

In landesweiten Durchschnitt lag der Anteil der Arbeitslosen in Tschechien laut Eurostat im März bei 7,9 Prozent, knapp zwei Prozent über dem Vorjahresniveau. (gp)