Prag - Als Termin zur Eröffnung des ersten Restaurants in Tschechien, das sich auf Spezialitäten aus Hundefleisch spezialisiert hatte, war der 25. November angekündigt.
Auf der Speiskarte standen - zumindest für die europäische Küche - beispiellose Kreationen wie "Frühlingssuppe aus jungen Dackeln", "Bichon-Tartare mit Olivenöl und Majoran" oder "Chihuahua in Banane mit Karamel". Aber auch richtig Deftiges, wie etwa "Schnautzer-Wurst mit Meerrettich", "Pitbull in Senfsauce" oder "gegrillte Windhund-Rippchen (Import aus Großbritannien) mit Sahnesauce und Spargelstückchen" - zubereitet "von erfahrenen asiatischen Köchen unter der Leitung des chinesischen Chefkochs."
Die Tschechen sind als Hundenarren bekannt. Am Erfolg des Projekts schienen die Macher daher auch nicht den geringsten Zweifel gehabt zu haben - Motto: "Liebe geht durch den Magen". Auf ihren Webseiten boten sie folgerichtig auch gleich Informationen zum Franchising an.
Etwaigen Zweifeln traten die Gastronomen in spe selbstbewusst entgegen: "Möglicherweise fragen Sie sich, warum gerade ein Restaurant mit Hundespezialitäten. Aber warum denn nicht! In Südasien ist Hundefleisch das zweitpopulärste Fleisch, gleich nach Hühnerfleisch! Hundefleisch ist nicht nur sehr schmackhaft, sondern auch eine Quelle wichtiger Nährstoffe einschließlich Kohlehydrate und Eiweiße. Im Hinblick auf die gängige Art der Haltung von Hunden stellt Hundefleisch eine ausgezeichnete Alternative zu industriell gehaltenen Tieren dar, die oft keine natürliche Bewegung haben und an einer Menge degenerativer Störungen leiden. Hundefleisch ist nicht mit Pestiziden, Antibiotika und Stresshormonen belastet. Am wertvollsten sind daher aufgegriffene frei lebende Einzeltiere, in deren Fleisch Sie ein Stück ungezügelter Wildnis spüren. In Haushalten gehaltenen Hunde bieten in der Regel lockeres zufriedenes Fleisch". Soweit die Theorie. Und da der chinesische Chefkoch "mit Ihnen die gleichen (europäischen) Werte im Bereich des Umgangs mit Tieren teilt", wurde den Gourmets nicht nur "ein erstaunliches gastronomisches Erlebnis", sondern auch ein "reines Gewissen" garantiert.
"Laden Sie Ihren asiatischen Geschäftspartner zu uns ein"
Während Dogheaven.cz einerseits also ganz auf die Liebe seiner Besucher zum Hund setzte, waren es auf der anderen Seite in den Lieferantenbeziehungen die Zeitgenossen, die im Gegenteil den Vierbeiner statt in den eigenen vier Wänden lieber gegrillt auf dem Teller oder jedenfalls im Hundehimmel sähen. An eben diese richteten sich die Infos unter dem Navigationspunkt "Ankauf von Hunden": "Haben Sie ein unpassendes Geschenk bekommen? Ihr Hund folgt nicht? Haben Sie eine Allergie? - Unser Restaurant hat die Lösung: das ganze Jahr über kaufen wir gesunde Hunde bis zu fünf Jahren". Darunter die Preisliste: Kleine Rassen (bis 4 kg Lebendgewicht): 200 CZK, große Rassen (über 15 kg): 550 CZK. Dackel bevorzugt. Die Endlösung der Hundekotfrage in Tschechien schien greifbar nahe.
Klar, dass es sich bei dem vermeintlichen Restaurantprojekt nur um einen gelungenen Fall von rabenschwarzem Humor von notorischen Hundehassern handeln konnte, sollte man meinen. Oder doch nicht?
Obwohl die Webseiten des virtuellen Restaurants nur knapp einen Monat, seit dem 30. September, online waren, wurden sie in der vergangenen Woche bereits von mehreren Tausend Menschen besucht und fachten in Internetforen und an tschechischen Stammtischen leidenschaftliche Debatten über die Frage an, ob der Verzehr von Hundefleisch ethisch vertretbar ist. Nachdem am Dienstag dann erstmals tschechische Medien über das Projekt berichteten, und der Server unter dem Besucheransturm beinahe zusammenbrach, beendeten die Macher die satirische Maskerade und Dackel und Windhund verschwanden wieder von der Speisekarte.
Genauer gesagt, die ganze ursprüngliche Präsentation wurde durch das "Manifest des Servers Dogheaven" ersetzt - in dem sich die Macher als Tierschützer outen, denen es todernst ist: "Wie kommt es, dass ein gegrillter Hund bei Ihnen Ekel erregt und Sie beim Anblick einer gebratenen Ente an Knödel und Kraut denken? Machen wir uns bewusst, dass darin eine psychische Deformation und Rassismus liegt!" Das Manifest endet mit einem Appel an den verantwortungsbewussten Verbraucher: "Wenn Sie eine gerechtere Welt wollen - schränken Sie den Konsum von jedwedem Tierfleisch ein oder unterlassen ihn ganz."
Im Diskussionsforum Gästebuch des Servers erfolgen die Einträge seitdem im Minutentakt. Die Meinungen zu dem Traktat gehen dabei auseinander: "Hunde wurden niemals zum Zwecke des Verzehrs gehalten. Glauben Sie, dass sie mit Ihrer Ente, das ersetzen, das sie Streicheln, den Wächter, Hirten, Retter, Helfer für Blinde... Aber Vieh war immer nur auf der Welt, um gehalten und gegessen zu werden", so ein Eintrag unter dem Usernamen Karl.
Eine andere Ansicht findet sich in einem Eintrag unter dem Namen Lenka: "Genau so, Fleisch ist Fleisch, es geht darum, wie wir mit dem Geschöpf umgehen, bevor seine "Stunde" gekommen ist und wie wir ihm den Weg auf den Teller erleichtern."
Der brave Soldat Schwejk, der was im zivilen Leben bekanntlich Hundezüchter war, hätte sicherlich auch eine Meinung dazu. (nk)