Prag - Der ehemalige Generalstabschef Jiří Šedivý hat erklärt, dass im Zusammenhang mit den Verhandlungen über den Kauf oder die Anmietung der Gripen-Jagdflugzeuge auf ihn und seine Kollegen damals starker lobbyistischer Druck ausgeübt worden sei.
Seiner Meinung nach könnte es sich daher um einen Fall von Korruption handeln, sagte Šedivý am Sonntag in der politischen Diskussionssendung „Otázky Václava Moravce“ des Tschechischen Fernsehens (ČT).
Dies ist auch die Einschätzung des ehemaligen Finanzministers Vlastimil Tlustý (ODS). Als transparent bezeichnete dagegen den Auswahlprozess der Stellvertretende ČSSD-Vorsitzende Zdeněk Škromach, der sich ebenso wie Šedivý und Tlustý in der ČT-Sendung zu der Causa geäußert hatte, die durch einen Bericht des Schwedischen Fernsehens angestoßen worden war.
Vlastimil Tlustý: Unnormaler Preis, unnormaler Wettbewerb
Als ungewöhnlich bezeichnete Šedivý zum Beispiel die Tatsache, dass die Mehrheit der Militärs, einschließlich des Generalstabs, in der ersten Phase der Ausschreibung, für den Kauf der Überschallflugzeuge, keine Gelegenheit hatte, sich an dem Prozess der Bewertung der Angebote und der Formulierung der Abschlussempfehlung zu beteiligen.
Den Verdacht, dass bei dem Rüstungsprojekt Korruption zur Entscheidungsfindung der damaligen sozialdemokratischen Regierung von Premier Miloš Zeman beigetragen habe, äußerte auch Vlastimil Tlustý. „Es wurde ein sogenannter Wettbewerb durchgeführt, an dem allerdings nur ein Teilnehmer teilgenommen hat, und der Preis, für den gekauft werden sollte, war ebenfalls sehr hoch“, so Tlustý.
Nach Einschätzung von Zdeněk Škromach war der Prozess dagegen vollkommen transparent. Seine Partei erwäge aber, einen parlamentarischen Untersuchungsausschuss zu beantragen, der die Korruptionsvorwürfe klären solle. Tlustý lehnte einen Untersuchungskommission zwar nicht ab, sagte aber, in erster Linie solle sich die tschechische Polizei mit dem Fall befassen.
Transparency International: Fall für die Polizei
David Ondráčka von Transparency International aus, der eine Politisierung und Verschleppung der Aufklärung befürchtet. „Die Polizei sollte anfangen, mit der schwedischen und der britischen Polizei sprechen“, so Ondráčka in der TV-Sendung. „Wir haben genug Beweise, da ist keine Kommission nötig, die den Fall zerstückeln und politisieren würde.“
Hintergrund ist ein Bericht des Schwedischen Fernsehens SVT über die Umstände bei der Anmietung von 14 schwedischen Jagdflugzeugen vom Typ Jas-39 Gripen durch die tschechische Luftwaffe. Demnach war die finanzielle Transaktion an das britisch-schwedische BAE Systems/Saab von „unklaren Zahlungen" und Korruption begleitet.
Eine Summe in Höhe von insgesamt drei Milliarden Kronen (106,2 Mio. Euro) soll auf Konten verschiedener Agenten und Vermittler geflossen sein, die die Aufgabe gehabt hätten - auch um den Preis der Bestechung - die Zustimmung der verantwortlichen tschechischen Regierungs- und Oppositionspolitiker zu sichern. (nk/gp)