Prag - Als Folge der seit Tagen in den Medien thematisierten Ghana-Affäre legt der sozialdemokratische Abgeordnete Michal Kraus sein Abgeordnetenmandat nieder.
Zudem verzichtet er auf die Spitzenkandidatur für die ČSSD im Bezirk Liberec, wie er in einer Pressemitteilung bekannt gab.
In der Pressemitteilung führte Kraus an, dass er sich zu diesem Schritt wegen der "Hetzkampagne" entschlossen habe, die gegen ihn geführt werde. Er wolle somit verhindern, dass die Causa um seine Geschäfte in Ghana die ČSSD schädigen.
Kraus war unter Druck geraten wegen undurchsichtiger Geschäfte und einer Reise nach Ghana, wo er über Investitionen in eine Fabrik und die Verarbeitung von Kakaobohnen verhandelt hatte. Auf der angeblich touristischen Reise hatte ihn der später rechtskräftig zu einer Haftstrafe verurteilte Betrüger František Rigo begleitet. Vergangene Woche hatte Kraus daher bereits die Funktion des Fraktionsführers der ČSSD und den Vorsitz des Haushaltsausschusses niedergelegt.
"Dienstältester" Parlamentsabgeordneter verlässt Abgeordnetenhaus
Premier und Wahlkampfführer der Sozialdemokraten Jiří Paroubek sagte dazu, das Kraus sich seiner Meinung nach nichts zu Schulden kommen lassen habe. Kraus sei nur auf einen Betrüger hereingefallen. Die Funktion als Fraktionsführer soll nach Aussage von Paroubek künftig Andrej Grega übernehmen.
Der 48-jährige Michal Kraus gehörte dem tschechischen Parlament von allen Abgeordneten am längsten an. Fast 20 Jahre saß Kraus als Abgeordneter im Prager Abgeordnetenhaus. Das einstige Mitglied der kommunistischen Staatspartei KSČ durchlief nach 1989 mehrere Parteien, bis er 1993 der ČSSD beitrat.
In die Parteispitze der Sozialdemokraten rückte er erst im vergangenen Jahr auf, als er im Januar Vorsitzender der Bezirksorganisation in Liberec wurde, einen Monat später übernahm er den Fraktionsvorsitz der ČSSD im Abgeordnetenhaus. Im Juni wurde er Vorsitzender des Haushaltsausschusses.
Kollateralschaden: Oldřich Němec verliert Listenplatz
Das erste Opfer von Kraus‘ Ghana-Affäre war dabei ein anderer ČSSD-Abgeordneter, nämlich Oldřich Němec. Dieser hatte Kraus öffentlich für sein Verhalten kritisiert und war daher von seiner Partei von der Kandidatenliste gestrichen worden.
Eine letzte Chance, sich seinen Listenplatz für die nächsten Parlamentswahlen zu sichern, hatte ihm Paroubek bei einem Treffen am Montag gegeben. Dafür hätte sich Němec allerdings öffentlich bei Kraus entschuldigen müssen. Das hatte Němec abgelehnt. Einige "Parteifreunde" von Němec wollten diesen sogar aus der Partei ausschließen. Dagegen hatte sich allerdings Paroubek ausgesprochen. (nk/gp)