Prag - Am heutigen arbeitsfreien Staatsfeiertag begeht die Tschechische Republik den Tag der tschechischen Staatlichkeit und zugleich den Namenstag des Landespatrons, des Heiligen Wenzels.
An 28. September soll der böhmische Fürst Wenzel von seinem Bruder Boleslav im Jahr 929 oder 935 ermordet worden sein. Noch heute sind sich die Historiker nicht ganz sicher, in welchem Jahr dieser Brudermord in Stará Boleslav (Altbunzlau) bei Prag geschah. Zentrum der offiziellen Feierlichkeiten ist der Wenzelsplatz in Prag.
An der Reiterstatue des Heiligen Wenzels legten heute gegen 16 Uhr der tschechische Premier Mirek Topolánek und der Prager Oberbürgermeister Pavel Bém Kränze nieder. Topolánek hatte sich am Vormittag nach einer Messe in Stará Boleslav auch mit Kardinal Miloslav Vlk getroffen.
Vlk hatte mit weiteren böhmischen und mährischen Bischöfen und Dutzenden Priestern die Heilige-Wenzelsmesse abgehalten. An dem römisch-katholischen Gottesdienst nahm auch Premier Topolánek teil. "Tschechien, vergesse nicht, dass du auf einem christlichen Fundament erbaut bist“, mahnte in einer Predigt Bischof František Lobkowicz.
Nach der Messe trafen sich Premier Mirek Topolánek und Kardinal Miloslav Vlk zu einem Gespräch. Dabei ging es um die Beziehungen zwischen dem tschechischen Staat und der katholischen Kirche, in denen es immer wieder Spannungen gibt. Zur katholischen Kirche bekennt sich etwa ein Drittel der tschechischen Bevölkerung.
Ein weiteres Thema war der Grundlagenvertrag zwischen der Tschechischen Republik und dem Vatikan, den der vor einem Jahr verstorbene Kulturminister Pavel Dostál entscheidend vorbereitet hatte.
Auf einer anschließenden Pressekonferenz betonte Topolánek, dass Ort und Termin des Treffens mit Kardinal Vlk kein Zufall seien, sondern es „seine Symbolik“ habe, dass sie sich gerade am Tag der tschechischen Staatlichkeit und in Stará Boleslav getroffen haben. Sowohl der Premier als auch der Kardinal zeigten sich überzeugt, dass für die auch 16 Jahre nach dem Ende des Kommunismus im Verhältnis zwischen Staat und Kirche noch ungelösten Fragen, Lösungen gefunden werden würden.
Der 28. September ist seit dem Jahr 2000 der St. Wenzels-Tag, der Feiertag der tschechischen Staatsidee. Stará Boleslav ist in der römisch-katholischen Tradition einer der ältesten und bedeutendsten Pilgerorte in den böhmischen Ländern.
Unklar ist bis heute, ob Wenzel am 28. September des Jahres 929 oder 935 von seinem Bruder umgebracht wurde. Unklarheit herrscht auch beim Tatmotiv. Mittelalterliche Chronisten mutmaßten und spekulierten darüber ebenso wie heutige Historiker. Die Gebeine Wenzels wurden am 4. März 938 in die Prager Veitskirche überführt. Der Kult um ihn dürfte allerdings frühestens 970 nach dem Ende der Regierungszeit seines Bruders und Mörders eingesetzt haben. Seit dem 11. Jahrhundert ist Wenzel der böhmische Landespatron und ein Symbol der böhmischen Staatlichkeit. (nk)