Prag - Der Streit zwischen dem ODS-Abgeordneten Vlastimil Tlustý und Premier Topolánek sowie den bürgerlichen Demokraten der regierenden ODS nimmt weiter an Schärfe zu.
In einem am Freitag veröffentlichten Interview mit der in Prag erscheinenden Tageszeitung Právo kündigte Tlustý rechtliche Schritte gegen den Premier an. Damit will sich der ehemalige Finanzminister gegen die wiederholten Behauptungen des Parteichefs zur Wehr setzen, er habe Gespräche mit Abgeordneten sowie Fraktionssitzungen aufgenommen, um diese möglicherweise als Druckmittel zu verwenden.
Tlustý selbst bezeichnete diese Behauptungen als "die größte Lüge, die ich je gehört habe" und bestritt, je Mitschnitte von Gesprächen oder Sitzungen angefertigt zu haben.
ODS rückt von Tlustý ab
Nachdem die ODS-Fraktion im Abgeordnetenhaus Tlustý bereits am Dienstag zur Niederlegung seines Abgeordnetenmandats aufgefordert hatte, forderte am Donnerstag auch die Senatorenfraktion im Oberhaus des Parlaments Tlustý zu diesem Schritt auf, und so dem Beispiel des ODS-Abgeordneten Jan Morava zu folgen. Tlustýs Rolle in dem Bespitzelungs- und Erpressungsskandal um den Abgeordneten Jan Morava bezeichnete die Senatorenfraktion ebenso wie das Verhalten von Morava selbst als "schlichtweg unnannehmbar und verurteilenswert".
Gegenüber Právo wies Tlustý jedoch die Forderungen nach Niederlegung seines Mandats entschieden zurück. Auf die Frage, was er zu Topoláneks Ankündigung sage, dass er seine erneute Kandidatur für den ODS-Parteivorsitz von einer Säuberung der Partei abhängig mache, antwortete Tlustý: "Ich stimme mit dem Herrn Vorsitzenden darin überein, dass man den Augiasstall ausmisten muss. Ich habe allerdings einen anderen Vorschlag in Bezug auf die Frage, wo man anfangen muss, und ich denke, dass man bei ihm beginnen muss".
Kompromittierende Fotos und versteckte Kameras
Tlustý, der seit langem mit dem Parteivorsitzenden über Kreuz liegt und als Anführer einer Gruppe "Rebellen" in der ODS gilt, hatte sich für eine Reportage des TV-Senders Nova darauf eingelassen, fingierte "kompromittierende " Fotos von sich anfertigen zu lassen und so als Lockvogel dafür zu dienen, um schmutzige Erpressungspraktiken seiner innerparteilichen Gegner zu provozieren und so offenzulegen.
Das Material war von Journalisten des Senders verschiedenen ODS-Politikern angeboten wurden, wobei die Journalisten sich als Mitarbeiter ein Detektei ausgaben. Der junge ODS-Abgeordnete Jan Morava war den Reportern auf den Leim gegangen, wobei einer SMS zu Folge auch ODS-Fraktionschef Petr Tluchoř wissen wollte, ob die kompromitterienden Fotos nur als Ganzes oder auch einzeln zu kaufen seien. Später behauptete Tluchoř, seine SMS sei als Scherz gemeint gewesen.
Morava hatte zudem vor laufender versteckter Kamera den Auftrag erteilt, heimlich Fotos von sich und der Tochter der Grünen-Abgeordneten Olga Zubová anfertigen lassen, mit der er "privat" angebandelt hatte. Die Materialien sollten dem Bekunden Moravas der Mutter Angst machen und zur politischen Einflussnahme dienen - es sei gängige Praxis, das Stimmverhalten von Abgeordneten auf diese Weise zu beeinflussen. "Es gibt Dinge, für die man gelegentlich Stimmen besorgt, und die Motivation kann positiv oder negativ sein, warum jemand so oder so handelt", hatte der 29-jährige Abgeordnete wörtlich erklärt.
Morava hat sein Abgeordnetenmandat am Montag niedergelegt und erklärt, er habe auf eigene Faust und ohne Wissen der Parteiführung gehandelt. (nk)