Prag - Eine Woche nach der gewaltsamen Beendigung der Technoparty CzechTek 2005 können die Gegner des Polizeieinsatzes einen ersten Erfolg verbuchen.
Der Senat, das von der oppositionellen Bürgerpartei (ODS) dominierte Oberhaus des tschechischen Parlaments, hat einer Beschlussfassung zugestimmt, in der der Polizeieinsatz als "unverhältnismäßig" bezeichnet wird.
Während der zum Teil turbulenten und sehr emotionsgeladen geführten fünstündigen Debatte beschuldigten Senatoren der ODS den sozialdemokratischen Premier Jiří Paroubek (ČSSD), sich den massiven Polizeieinsatz ungeachtet der Gegebenheiten und Geschehnisse vor Ort bestellt zu haben, um zu beweisen, dass er ein starker Premier ist und so politisch zu punkten.
Senatoren der ČSSD dagegen verteidigten den Polizeieinsatz grundsätzlich und kündigten an, bis zum September ein Gesetz vorzulegen, das die Durchführung von Musikveranstaltungen regelt.
Bestandteil der gebilligten Beschlussfassung des Senats ist auch eine Empfehlung an die Senatsausschüsse, eine öffentliche Anhörung zur Strategie der Regulierung von ähnlichen Veranstaltungen wie der Technoparty CzechTek.
Bublan: Fehlverhalten einzelner Polizisten möglich
In der Senatsdebatte hatten sich heute insgesamt 29 Senatoren zu Wort gemeldet, überwiegend mit einer kritischen Meinung zum Vorgehen der Polizei. Den Polizeieinsatz verteidigte dagegen Innenminister František Bublan und bestritt zugleich, dass der Einsatz von ihm oder dem Premier politisch bestellt worden sei. Bublan räumte allerdings erstmals eine, dass es zu einem Versagen und Fehlern einzelner Polizisten gekommen sein könnte. Auch Premier Paroubek hatte gestern erstmals eingeräumt, dass möglicherweise vereinzelte Fehler seitens der Polizei begangen worden seien.
Bei der gewaltsamen Beendigung der Technoparty waren am Samstag vor einer Woche Wasserwerfer und Tränengas eingesetzt worden und über hundert Menschen verletzt worden, darunter auch viele Polizisten.
Prostestaktionen gehen weiter
Die Gegner des Polizeieinsatzes setzen während dessen ihre Protestaktionen fort. So sind für Samstag um 15 Uhr Demonstratioen in Prag vor dem Innenministerium auf der Letná-Ebene sowie in Brünn geplant.
Mehrere Zeitungen, aber auch auch die Polizei selbst, haben Teilnehmer der Party CzechTek 2005 aufgerufen, vorhandene Videoaufnahmen und Fotos vom Geschehen am vergangenen Wochenende einzureichen, die zur Dokumentation und Aufklärung des Geschehens und eventueller Übergriffe der Polizei beitragen können.
Ereignisse um CzechTek erhalten internationale Dimension
In den Streit um den Polizeieinsatz gegen Techno-Anhänger hat sich nun auch die italienische Botschaft in Prag eingeschaltet. „Wir sammeln Zeugenaussagen zu dem Einsatz“, sagte der italienische Botschafter Radicati. Hintergrund ist die Festnahme eines italienischen Ravers am Mittwoch Abend auf dem Gelände der Strahov-Studentenwohnheime in Prag.
Dem jungen Italiener wird vorgeworfen, mit dem Auto in eine Gruppe Polizisten gefahren zu sein. Zudem trug er bei seiner Festnahme 11 Gramm Haschisch bei sich. Es soll derzeit in Untersuchungshaft sitzen. Bei seiner Festnahme hatten Polizisten seinen Hund erschossen. Der Polizei zufolge soll der Hund die Beamten angefallen haben. Zeugen bestreiten dies. Ein Italiener, der bei dem Vorfall dabei war, sagte: „Wir wussten gar nicht, dass das Polizisten waren, wir haben sie für Nazis gehalten. Sie haben meinen Kumpel mit einer Pistole bedroht und in einen Wagen gezerrt. Überall liefen Hunde herum, einen haben sie dann einfach erschossen.“
Neben dem Innenministerium und der Polizei will auch der tschechische Ombudsmann Otakar Motejl das Vorgehen der Polizei bei der Technoparty prüfen. Er habe viele Beschwerden bekommen, sagte Motejl. (nk)