Prag - Anlässlich der Hinrichtung des früheren irakischen Präsidenten Saddam Hussein veröffentlicht der Online-Dienst der in Prag erscheinenden Tageszeitung Mladá fronta Dnes heute einen kurzen Rückblick auf die irakisch-tschechoslowakischen Beziehungen zwischen dem Regime Saddam Husseins und der damaligen kommunistischen Tschechoslowakei.
Das Blatt konstatiert, dass die Beziehungen im Grunde sehr einseitig verlaufen seien. Zum Problem für Prag wurde die schlechte Zahlungsmoral des Diktators.
Im Rahmen der sozialistischen Hilfe habe die ČSSR jede Menge Industriegüter -und anlagen, wie zum Beispiel Raffinerien, Fabriken und Waffen an den Irak geliefert - allerdings leider auf Kredit. Andererseits studierte eine nicht zu vernachlässigende Zahl Studenten in der Tschechoslowakei und einige der irakischen Akademiker blieben dauerhaft im Lande.
Offenes freundschaftliches Gespräch mit unbefriedigendem Ergebnis
Besuche aus der Tschechoslowakei waren dabei in Bagdad eher selten, so Mladá fronta. Im Jahr 1985 besuchte Lubomír Štrougal, der damalige Ministerpräsident der ČSSR, Saddam Hussein und lobte dabei das große Exportvolumen in den Irak.
Das Problem der tschechoslowakisch-irakischen Wirtschaftsbeziehungen bestand jedoch darin, dass Bagdad die Güter auf Kredit kaufte, dann aber nicht zahlte und Prag die Gelder nur unregelmäßig und größtenteils gar nicht erhielt. Kurz vor dem Fall des Kommunismus reiste deshalb auch der damalige tschechoslowakische Premier Ladislav Adamec nach Bagdad.
Nach einer Meldung der Nachrichtenagentur ČTK vom 15. Oktober 1989 "traf er sich mit dem irakischen Präsidenten und dem Vorsitzenden des Revolutionsrates Saddam Hussein. "In einem offenen freundschaftlichen Gespräch, das etwa eineinhalb Stunden dauerte, informierten sie sich über die politische und ökonomische Entwicklung in ihren Ländern", zitiert Mladá fronta Dnes die damalige ČTK-Meldung.
Allerdings sei das Gespräch wohl eher offen als freundschaftlich gewesen, bemerkt Mladá fronta, denn nach dem Treffen gewährte Adamec ČTK ein Interview, in dem dessen Enttäuschung zu spüren gewesen sei.
"Der Irak hält leider die Rückzahlungstermine nicht ein. Auch bei den gegenwärtigen Gesprächen ist es nicht gelungen, zu einer Vereinbarung zu kommen, die die tschechoslowakische Seite vollkommen zufriedenstellen würde."
Und weil Glasnost und Perestroika im praktisch bankrotten Ostblock zumindest verbal gerade hoch im Kurs standen erlaubte sich Adamec ein wenig Selbstkritik: "Ich denke, dass wir in der Vergangenheit gewisse Fehler gemacht haben, indem wir zu sehr den Fälligkeitsterminen vertraut haben. Heute und in Zukunft müssen wir konsequent Sorge tragen, dass unsere Lieferungen ins Ausland in voller Höhe bezahlt werden."
Nato-Mitglied Tschechien bemüht sich um Intensivierung der Wirtschaftskontakte
Die letzte große Reise zum Paria nach Bagdad bereits zu Zeiten der eigenständigen demokratischen Tschechischen Republik unternahmen gemäß dem Bericht von Mladá fronta der damalige Berater von Premier Miloš Zeman, Miroslav Šlouf, und der Stellvertretende Außenminister Hynek Kmoníček im Jahr 2000. Damals bereits entgegen den Trends in den internationalen Beziehungen und zum Unverständnis der neuen Nato-Verbündeten.
Auch dabei ging es wieder um die Verbesserung der Wirtschaftsbeziehungen, also ums Geld. Wie ihre Vorgänger erfuhren die Besucher von ihrem Gastgeber Saddam Hussein, dass er nichts bezahlen würde. Allerdings diesmal noch mit dem Zusatz, dass es künftig auch keine Verhandlungen mehr geben würde, wenn von Prag aus der Sender Radio Free Europe Sendungen in den Irak ausstrahlen würde. (nk)