Prag - Sozialdemokraten und Christdemokraten wollen in den kommenden drei Monaten ihre Kandidaten für die Wahl zum Staatspräsidenten bekannt geben. Anschließend soll über ein mögliches gemeinsames Vorgehen gesprochen werden.
Dies sagten die Parteivorsitzenden Jiří Paroubek und Jiří Čunek am Sonntag in der Diskussionssendung „Otázky Václava Moravce“ des öffentlich-rechtlichen Tschechischen Fernsehens (ČT). Die Wahl des Staatspräsidenten findet Anfang nächsten Jahres statt.
Jiří Paroubek wil bereits auf dem kommenden Parteitag der Sozialdemokraten eine Entschließung durchsetzen, nach der keiner der 84 Parlamentsabgeordneten und Senatoren der ČSSD in der geheimen Wahl für den derzeitigen Präsidenten Václav Klaus stimmen soll.
Jiří Čunek hat ebenfalls Vorbehalte gegen Klaus
Jiří Čunek lehnt ein solches Vorgehen für seine Partei zwar ab, hat aber ebenfalls Vorbehalte gegen Amtsinhaber Klaus und denkt nach eigenen Angaben über andere Kandidaten nach. Einer der Gründe dafür sei Klaus´ „antieuropäische“ Haltung.
„Allmählich bessert sich die Situation zwar, aber ideal ist sie nicht", so Čunek. „Ein weiterer Grund ist, dass wir wollen, dass die Wahl eine Wahl ist“, ergänzt der Chef der Christdemokraten. Zudem sei die Wahl des Staatspräsidenten für jede Partei auch eine Prestigefrage. Konkrete mögliche Kandidaten wollte Čunek freilich nicht nennen. Im Gespräch sind bei den Christdemokraten allerdings unter anderem Petr Pithart, der katholische Priester Tomáš Halík, einige Christdemokraten wollen zudem wieder Václav Klaus unterstützen.
ČSSD-Chef Paroubek will nach eigenem Bekunden alles dafür tun, dass Klaus keine zweite fünfjährige Amtszeit für das verfassungsmäßig oberst Amt des Staates erhält. Dem Präsidenten wirft er vor, dass er auch nach seiner Wahl zum Staatsoberhaupt Ehrenvorsitzender der ODS geblieben sei. Zudem schade Klaus wegen seiner extremen Ansichten zur europäischen Integration der Position Tschechiens im Ausland.
„In der Europäischen Union schaut schlichtweg die Mehrheit der Staaten mit Ausnahme Polens und vielleicht einiger britischer Politiker auf uns ein wenig wie auf irgendwelche Exoten“, so Paroubek. Klaus wirft er zudem vor, zur Verlängerung des politischen Patts nach den Parlamentswahlen im Juni 2006 beigetragen zu haben.
Kandidatennominierung schon in zwei Monaten?
Paroubek kündigte an, die ČSSD wolle einen überparteilichen Kandidaten gegen Klaus ins Rennen schicken, der eine breite politische Unterstützung habe. „Wir sind bereit, uns parteipolitischen Interesse zurückzustellen, damit ein anderer Kandidat als Václav Klaus gewählt wird," so Paroubek.
Zunächst wollten die Sozialdemokraten aber die Kriterien für einen Kandidaten bestimmen, und erst dann eine konkrete Persönlichkeit auswählen. „In diesem Moment haben wir keinen Namen... Irgendwann in einem Monat, oder in zwei Monaten könnten wir Klarheit haben“, so der ČSSD-Chef. In Kreisen der Sozialdemokraten wird dabei über eine mögliche Nominierung des ehemaligen Außenministers Jiří Dienstbier, des derzeitigen EU-Kommissars und ehemaligen Premiers Vladimír Špidla oder der einstigen Obersten Staatsanwältin Marie Benešová gesprochen.
Am häufigsten wurde am Wochenende Ex-Außenminister Jiří Dienstbier genannt. Darauf von Journalisten angesprochen, sagte Dienstbier, er könne sich durchaus vorstellen, eine „seriös gemeintes Angebot“ anzunehmen.
Alle gegen Klaus?
Unklar ist unterdessen, ob die ODS geschlossen für Klaus eintreten will. Es ist ein offenes Geheimnis, dass viele ODS-Politiker nicht ganz zufrieden mit dessen Amtsführung sind. Klaus selbst hatte vor wenigen Tagen erklärt, dass er bereit sei, für eine zweite Amtszeit zu kandidieren.
Nach Einschätzung der Tageszeitung Lidové noviny (Prag) zeichnet sich momentan ein Szenario nach dem Motto „Alle gegen die ODS“ ab. Die Grünen hatten schon immer gesagt, dass sie nicht für Klaus votieren würden, die Christdemokraten wünschen sich ebenfalls einen anderen Kandidaten, und die beiden Linksparteien ČSSD und KSČM sowieso. (nk/gp)