Prag - Vor der entscheidenden Vertrauensabstimmung, der sich Premier Topoláneks alt-neue Regierungsmannschaft am 19. Januar im Abgeordnetenhaus stellen wird, nimmt die Spannung über das Abstimmungsergebnis zu.
Sowohl Regierung als auch Sozialdemokraten entwickeln Aktivitäten, in deren Mittelpunkt mögliche Überläufer aus dem jeweils anderen Lager stehen.
So hat Ministerpräsident Mirek Topolánek die 74 Abgeordneten der ČSSD in einem Brief um Vertrauen für seine Dreierkoalition gebeten.
Bei dem von ihm geführten Regierungsbündnis handele es sich „um die letzte Möglichkeit, wie sich in dieser Legislaturperiode die Grundfesten der politischen Kultur und die Würde der demokratischen Parteien respektieren“ lasse, so der ODS-Chef.
Wenn man die Stabilität des politischen Parteienspektrums erhalten wolle, könne man keine Große Koalition eingehen. Zugleich sicherte er den Sozialdemokraten zu, dass er wichtige Reformprojekte immer auch mit der ČSSD konsultieren werde. „Die Tolerierung der Dreierkoalition garantiert der ČSSD eine bedeutende Kontrollfunktion im tschechischen Abgeordnetenhaus“, so Topolánek.
Während ČSSD-Chef Jiří Paroubek gestern erneut erklärte, seine Fraktion werde geschlossen gegen die Regierung stimmen, „verschwand“ gestern der als möglicher Überläufer gehandelte sozialdemokratische Abgeordnete Miloš Melčák, wie die Tageszeitung Lidové noviny berichtet.
Wie schon mehrfach in den vergangenen Tagen war sein Handy gestern ausgeschaltet. Aktiv ist derweil auch Topoláneks Berater Marek Dalík. Er ließ verbreiten, dass er bereits zwei bis sieben Überläufer aus den Reihen der ČSSD habe überzeugen können.
Rücktritt und Neuwahl des Parlamentspräsidenten vor Vertrauensabstimmung?
Die Sozialdemokraten wollen die Dreierkoalition kurz vor der für kommenden Freitag angesetzten Vertrauensabstimmungen verunsichern. Geplant ist nämlich, dass Parlamentspräsident Miloslav Vlček sein Amt bereits am Mittwoch niederlegt.
Die ČSSD spekuliert darauf, dass Vlček - sollte er sich dann erneut zur Wahl stellen - nicht nur Stimmen aus dem linken, sondern auch aus dem konservativen Lager erhalten könnte. Dies wäre dann ein Signal, dass Premier Mirek Topolánek seine Dreierkoalition „nicht im Griff“ habe, so Lidové noviny. Die ODS kritisierte, dass Vlček damit sein versprechen, nach einem möglichen zweiten Scheitern der Vertrauensabstimmung zurückzutreten.
Dies stimmt allerdings nicht ganz, denn Vlček hatte lediglich versichert, er werde sein Amt niederlegen, bevor er von seinem Recht Gebrauch gemacht hätte, dem Staatspräsidenten einen neuen Kandidaten für den Posten des Ministerpräsidenten vorzuschlagen. (nk/gp)