Prag - Der Auftritt des tschechischen Staatspräsidenten Zeman am gestrigen Mittwoch anlässlich von Donald Trumps Präsidentschaftswahlsieg hat ein diplomatisches Nachspiel.
Miloš Zeman, der vor Journalisten seiner "großen Freude" über den Wahlsieg Trumps in einer persönlichen Stellungnahme wortreich Ausdruck verlieh, nutzte die Gelegenheit zu einem diplomatischen Schlag unter die Gürtellinie. Ziel des Tiefschlags: der US-Botschafter in Prag, Andrew Schapiro, mit dem der Burgherr seit geraumer Zeit schon im Clinch liegt.
Wörtlich sagte Zeman: "Ich glaube, dass sich die Beziehungen zu den Vereinigten Staaten durch diese Wahl weiter verbessern werden und nicht mehr von einigen Missverständnissen belastet sein werden, wie es beispielsweise die nicht ganz professionelle Haltung des gegenwärtigen amerikanischen Botschafters, des Herrn Schapiro, ist, der dem Präsidenten der Republik ungebeten Ratschläge erteilt, wohin oder eher wohin nicht er reisen sollte, und der fast als einziger von den Botschaftern nicht am Staatsfeiertag 28. Oktober auf der Prager Burg teilgenommen hat."
Hintergrund des verbalen Nachtretens gegen den mit dem Ende der Amtszeit Barack Obamas ohnehin aller Wahrscheinlihckeit nach vor dem Ende seiner eigenen Mission in Prag stehenden US-Gesandten ist eine Äußerung Schapiros vom April 2015.
Damals nannte Schapiro die von Zeman geplante Reise nach Moskau und dessen Teilnahme an den Feierlichkeiten zum Ende des Zweiten Weltkriegs vor dem Hintergrund des Boykotts der Mehrheit der europäischen Staaten "prekär". Als Reaktion darauf erklärte das tschechische Staatsoberhaupt, für Schapiro seien künftig "die Türen der Prager Burg verschlossen".
"Schapiro saß neben mir"
Fehlte Schapiro tatsächlich bei dem traditionell pompösen Empfang und der Ordensverleihung auf der Prager Burg? Bereits gestern widersprach die US-Botschaft in Prag der Darstellung Zemans. Heute dann meldete sich ein wichtiger Augenzeuge zu Wort: Arndt Freiherr Freytag von Loringhoven, der deutsche Botschafter in Prag.
Die per Twitter an ihn gerichtete Frage, ob Andrew Schapiro am 28. Oktober im Vladislav-Saal der Prager Burg neben ihm gesessen habe, beantwortete der deutsche Diplomat völlig undiplomatisch - klipp und klar ebenfalls per Twitter mit: "Ano!", einem Ja also.
— Arndt v. Loringhoven (@velvyslanec_SRN) 10. November 2016
Gestern hatte zudem der Online-Dienst Aktuálně.cz ein Foto veröffentlicht, das Schapiro deutlich erkennbar beim Empfang auf der Prager Burg zeigt.
Důkaz, že byl @AndySchapiro 28. října na Hradě. Zeman lhal. https://t.co/EeUgcUgvXF pic.twitter.com/sTWcBjz6UI
— Aktuálně.cz (@Aktualnecz) 9. November 2016
Wer allerdings glaubte, der Staatspräsident könnte sich bei dem zu unrecht Gescholtenen oder der Öffentlichkeit für seine unwahre Behauptung entschuldigen, liegt falsch und erwartet ein Größe, die man derzeit auf der Prager Burg nicht findet. Sollte Schapiro auf der Burg gewesen sein, dann sei er jedenfalls "nicht sichtbar" gewesen, bügelte Präsidentensprecher Jiří Ovčacek gegenüber Aktuálně.cz Kritik an der falschen Aussage seines Burgherrn ab.
Ovčacek, dessen unablässige Twitter-Tiraden sogar jüngst zur Quelle der Inspiration für ein Kabarettstück in Zlín wurden, verlegte sich heute erneut selbst aufs Cyber-Mobbing: "Ein schönes Geschenk zu meinem Geburtstag im Januar wird der Abgang des Nichtdiplomaten. Das wird eine bedeutende Stärkung unserer historisch festen Beziehungen zu den USA sein", frohlockte der Burgsprecher.
Auf eine Nachfrage von Aktuálně.cz, ob es für die von der Burg so offen geforderte Ablösung des US-Botschafters schon eine Bestätigung von amerikanischer Seite gebe, antwortete Ovčáček vielsagend: "Die USA sind ein Verbündeter, der sicher auf die Meinung eines Freundes hört. Der Nichtdiplomatie war schon genug." (nk)