Prag - Am Sonntag ging nach drei Tagen der Parteitag der tschechischen Sozialdemokraten in Brünn zu Ende.
Wichtigste Ergebnisse: Jiří Paroubek wurde als Parteichef wiedergewählt und die Delegierten verabschiedeten eine Beschlussfassung gegen die Wiederwahl von Václav Klaus als Staatspräsident.
Trotz seiner Wiederwahl war der Parteitag keineswegs ein Triumph für Jiří Paroubek. Die Tageszeitung Lidové noviny (Prag) beurteilt den Verlauf und die Ergebnisse des Konvents gar als „Ohrfeige“ für den ČSSD-Parteichef. So meldeten sich im Verlauf des Parteitags etliche Kritiker zu Wort und der ehemalige Premier musste sich zum Teil deutliche Kritik der Delegierten an seinem Führungs- und Politikstil anhören. Beispielsweise, dass er selbstgerecht und arrogant sei und andere Meinungen ignoriere.
Wiedergewählt, aber dennoch geschwächt gehe Paroubek nun in die Zukunft, so die Einschätzung von Lidové noviny. Dabei gelang es Paroubek trotz aller Kritik, seine Wunschkandidaten für den Vorstand durchzusetzen. Weniger erfolgreich war Paroubek in Sachen Modernisierung der Partei. Die Delegierten lehnten die meisten seiner Änderungsvorschläge ab – wie zum Beispiel eine Frauenquote. Auch für eine Quote zugunsten jüngerer Parteifunktionäre kam keine ausreichende Mehrheit zustande, genausowenig wie eine Direktwahl der regionalen ČSSD-Vorsitzenden. Nur der ČSSD-Chef soll künftig von allen 18.000 Parteimitgliedern direkt gewählt werden.
Schallende 60 Prozent Zustimmung für Jiří Paroubek
Tatsächlich hatte Paroubek bei der Wahl am Freitag - obwohl ohne Gegenkandidat - nur 60 Prozent der Delegiertenstimmen erhalten. Im vergangenen Mai waren es noch 92 Prozent gewesen. „Vor einer Woche hätte ich 80 Prozent erwartet“, kommentierte Paroubek nach der Wahl das Ergebnis, doch nach dem „theatralischen Abgang von Milos Zeman“ sei das tatsächlich erzielte Ergebnis anständig. Der Ex-ČSSD-Vorsitzende Miloš Zeman war in der vergangenen Woche mit „sofortiger Wirkung“ aus der Partei ausgetreten, nach Paroubeks Einschätzung, um ihm vor dem Parteitag zu schaden.
Am Sonntag konnte sich dann zudem in äußerst gespannter Atmosphäre bei der Wahl zum Chef der Zentralen Kontrollkommission mit Martin Starec überraschend ein erklärter Gegner Paroubeks gegen den von Paroubek favorisierten Vilém Buriánek durchsetzen. Starec hatte den neugewählten ČSSD-Chef Paroubek am Tag zuvor in seiner Parteitagsrede scharf kritisiert.
Die Wahl eines weiteren seiner Kritiker, nämlich von Petr Hulinský, zu einem seiner Stellvertreter, konnte Paroubek nur dadurch verhindern, dass er mit seinem Rücktritt drohte. Hulinský verzichtete daraufhin auf seine Kandidatur. Die Situation beruhigte sich erst, als das Ergebnis der Wahl bekannt gegeben wurde und der ehemalige Minister für Industrie und Handel, Martin Urban, mit 64 Prozent der Stimmen als weiterer Stellvertreter von Paroubek feststand.
Die übrigen Stellvertreter wiederum waren allesamt Wunschkandidaten des altneuen Parteichefs: Zdeněk Škromach, Petr Vícha und Jana Vaňhová. Die Funktion des ersten Stellvertretenden verteidigte Bohuslav Sobotka.
Nein zu Václav Klaus
Am Samstagvormittag hatten die Parteitagsdelegierten auf Antrag von Jiří Paroubek eine Beschlussfassung verabschiedet, in der eine Wiederwahl von Václav Klaus zum Staatspräsidenten abgelehnt wurde und die ČSSD-Abgeordneten im Abgeordnetenhaus und Senat aufgerufen worden waren, bei der geheimen Abstimmung im Jahr 2008 nicht für den bisherigen Amtsinhaber zustimmen.
Zugleich wurde der Anspruch bekräftigt, einen eigenen Kandidaten für das höchste Staatsamt aufzustellen. (nk)