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Deutsches Theaterfestival: Five Easy Pieces

Der Fall Marc Dutroux auf der Bühne des Divadlo Archa in Prag

Am Samstag, den 24. November gab es im Rahmen des 23. Theaterfestivals deutscher Sprache in Prag eine Vorstellung des International Institutes of Political Murder in Koproduktion mit dem Genter Theater CAMPO. Ihr Stück Five Easy Pieces im Theater Archa erzählt die Geschichte des belgischen Kindermörders Marc Dutroux, der in den 1990ern sechs Mädchen entführt und vergewaltigte – vier davon starben. Diese Straftaten sind besonders in den Köpfen der Belgier noch immer aktuell.

Die Schauspieler sind hauptsächlich junge Talente zwischen 10 und 15 Jahren. Der Gedanke, dass ausgerechnet Kinder die Geschichte dieses Mörders spielen, fühlt sich zunächst falsch an, doch ich war sehr beeindruckt, wie gut sie sich in das Verhalten der erwachsenen Charaktere einfühlen konnten.

Der Regisseur Milo Rau hat das Theaterstück so aufgebaut, dass verschiedene Ebenen der Erzählung entstehen: Am Anfang werden alle Kinder kurz vorgestellt und ihren Rollen zugeteilt. Danach zeigen die Kinder die unterschiedlichen Sichtweisen von Personen rund um den Fall Marc Dutroux: Es spricht der Vater des Mörders, die Eltern eines vermissten Kindes, sogar ein Mädchen in Dutroux' Gefangenschaft wendet sich in einem langen Monolog an die Außenwelt. Da die jungen SchauspielerInnen immer nur kurz in die Rollen dieser erschreckenden Welt schlüpfen, verliert das Publikum, genau wie die Kinder selbst, nie den Bezug zur Realität.

Es ist ein Theater mit doppeltem Boden, in dem man als Zuschauer immer wieder aus Szenen herausgerissen wird und sich klar machen muss, dass die gespielten Ereignisse doch auf einer wahren Geschichte beruhen. 

Eine weitere Ebene findet auf der Leinwand statt. Die Hauptfigur der jeweiligen Szene spricht direkt in eine Kamera, damit eine Nahaufnahme des Gesichts auf den Bildschirm übertragen werden kann. Dem Publikum entgeht dabei keine Gefühlsregung, es wird ein Fokus auf die Schauspielkunst der DarstellerInnen gesetzt. Gleichzeitig kann man aber auch ein Stück zurück, nimmt emotionalen Abstand und betrachtet das Ganze durch eine Kameralinse.

Es ist ein bedrückendes Gefühl zu wissen, dass die Kinder mit einem so grausamen Thema konfrontiert werden und sich wirklich in Situationen einfühlen müssen, die sie noch nicht nachempfinden können und sollten.

Gespielt wird auf Flämisch, der Landessprache des Mörders, wodurch ein tiefer Einblick in die Welt und die Abgründe, die sich bis heute hinter der Geschichte verbergen, gewährt wird.  Gesellschaftskritisch urteilt das Stück hierbei auch über die Rolle der belgischen Regierung und der Ermittlungsarbeit.

Auch in den nächsten Tagen begleitete mich das Stück: ich informierte mich noch einmal ausführlich über die Geschichte von Marc Dutroux und seinen Opfern, es ging mir nicht mehr aus dem Kopf.

Und was kann das Theater mehr bewirken, als das Publikum zum Nachdenken anzuregen?

Externer Link: www.theater.czwww.theater.cz
Bildnachweis:
Theater.cz / © Phile Deprez

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