Prag - "Als Gregor Samsa eines Morgens aus unruhigen Träumen erwachte, fand er sich in seinem Bett zu einem ungeheuren Ungeziefer verwandelt." So beginnt eine der berühmtesten Novellen des 20. Jahrhunderts. Sie stammt von Franz Kafka, dem eigentlichen Erfinder der virtuellen Realität.
Ab dem 25. Januar gibt es in den Räumen des Goehte-Instiuts in Prag die Möglichkeit, am eigenen Leib zu erfahren, wie es sich anfühlt, in ein Insekt verwandelt zu werden.
"Die fantastische Rauminstallation VRwandlung stellt einen Klassiker der Weltliteratur dar, Kafkas Novelle Verwandlung, allerdings übertragen in die virtuelle Realität. Der Hauptheld ist nicht mehr Gregor Samsa, sondern Sie persönlich," erklärt der Programmleiter des Prager Goethe-Instituts Jakob Ráček. "Wir haben das Zimmer von Gregor Samsa originalgetreu modelliert und machen es nun dank VR-Technologie zugängig. Die Verwandlung in einen Käfer lässt sich nun auch hautnah erleben."
Wie funktioniert das? Im Themenraum des Goethe-Instituts kann man genau an jenem Punkt der Erzählung ins Geschehen eintreten, an dem Gregor Samsa sich in das Insekt verwandelt. Die Benutzer müssen also – genau wie Gregor Samsa – zunächst lernen, mit dem monströsen Körper umzugehen. Man bewegt sich durch das Zimmer, während hinter der Tür die Familie und der Vorgesetzte Einlass fordern. Gelingt es Ihnen, mit Ihren Fühlern den Schlüssel zu ertasten und die Tür zu öffnen? Die Rauminstallation VRwandlung entstand in Zusammenarbeit mit dem kreativen Team des Prager Regisseurs Mika Johnson.
Als Begleitprogramm zur Installation im Themenraum bietet die Bibliothek des Goethe-Instituts eine virtuelle Tour mit Reiner Stach an, dem Autor der hochgelobten Kafka-Biografie. Im virtuellen Goethe-Institut spricht der Autor nicht nur über Kafkas literarische Bedeutung, sondern auch über sein visionäres Talent: "Der Prager Schriftsteller kann als der geistige Vater der Virtuellen Realität betrachtet werden. Als begeisterter Besucher der sogenannten Kaiserpanoramen – stereoskopischer Bilder – wünschte sich Kafka eine Verschmelzung des dabei entstehenden räumlichen Effekts mit dem Kino."
Kafkas Vorliebe für Kinematographie ist auch das Programm des Kinos Goethe verpflichtet. Am 30. Januar, 14. Februar, 13. und 20. März zeigt das Kino solche Kurz- Stumm- und Spielfilme, die Franz Kafka selbst besuchte und in seinen Briefen und Tagebüchern beschrieb. (nk)