Brünn/Prag - Die gut 20 Kilometer nordöstlich von Brünn gelegene Výpustek-Höhle gehört zu den bedeutendsten Höhlensystemen des Mährischen Karstes und barg schon in prähistorischer Zeit ein umfangreiches System an Hohlräumen. Die Korridore und Dome wurden durch den unterirdischen Wasserlauf Křtinský potok herausgebildet.
Die erste schriftliche Erwähnung der Höhle stammt aus der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts, damals suchten Quacksalber in der Höhle Tierknochen von prähistorischen Höhlentieren, die sie für ihre Präparate verwendeten.
Im 19. Jahrhundert begann man, die Höhle systematisch zu erforschen. Insbesondere die Höhlenforscher Heinrich Wankel und Martin Kříž führten wichtige speläologische und paläontologische Arbeiten in der Höhle durch und begannen, detaillierte Karten zu zeichnen. Bei seinen Ausgrabungen in den Höhlen des mährischen Karstes gelang Heinrich Wankel eine Reihe von Funden, die bis heute von Bedeutung für die Vorgeschichte Mährens sind.
Wirtschaftlich begründeter Vandalismus
In den 20er Jahren des 20. Jahrhunderts wurde die Höhle dann sogar wirtschaftlich erschlossen, nämlich zur Gewinnung von Phosphatlehmen. Dabei wurde die ursprüngliche Höhle bereits stark beschädigt. Der Boden der Korridore wurde durch die Phosphatlehmgewinnung stellenweise drei bis vier Meter niedriger.
Allerdings wurden bei diesen Arbeiten auch einige neue Räume entdeckt. So entdeckte ein Höhlenforscher 1939 eine Öffnung, die zu einem großen Hohlraum führte, der etwa 500 Meter lang gewesen sein soll und einen unterirdischen See enthalten haben sollen. Nach dem Zweiten Weltkrieg konnten diese geheimnisvollen Räume jedoch nicht mehr gefunden werden.
Der Zweite Weltkrieg und militärische Nutzung der unterirdischen Räume haben in der Höhle unübersehbar ihre Spuren hinterlassen. Schon 1936 zog in die Höhle die tschechoslowakische Armee ein und missbrauchte die einstige Heimstätte von Höhlenlöwen und Höhlenbären als Munitionslager. Viele Pfeiler und Wände wurden dabei zerstört. Ebenso wurde der Verlauf der natürlichen Korridore und Tunnel verändert.
Totaler Krieg
Im Verlauf des Zweiten Weltkriegs kam dann die deutsche Wehrmacht: In der Höhle wurde eine unterirdische Fabrik für Flugzeugmotoren errichtet, die den Nazis zum "Endsieg" verhelfen sollten. Die Deutschen haben dafür die meisten Tropsteinsäulen gesprengt, die Wege zu den unterirdischen Schluchten eingemauert - und dann die Fabrik in den letzten Kriegstagen doch eilends wieder zerstört.
In den 60er Jahren kehrte dann die tschechoslowakische Armee der inzwischen kommunistischen Tschechoslowakei zurück und baute die Höhle zeitgemäß zu einem Atombunker samt geheimer Kommandozentrale aus.
Im Jahr 2006 übernahm schließlich die Höhlenverwaltung der Tschechischen Republik die unterirdischen Räume und machte sie schrittweise für die Öffentlichkeit zugänglich.
Während der Besichtigung lernen die Besucher heute die ganze Geschichte dieser ausgewöhnlichen Höhle kennen, einschließlich des letzten großen "sozialistischen Geheimbaus". (nk)