Noch hat die Tschechische Philharmonie keinen Direktor, was den musikalischen Start in die neue Saison allerdings nicht behindert. Am Mittwoch um 20 Uhr wird der Chefdirigent Eliahu Inbal im Rudolfinum den Auftakt vorgeben.
Auf dem Programm stehen Mozarts 39. Symphonie und Janáčeks gewaltige Glagolská-Messe.
Der schon operettenhafte Züge annehmende Streit um die Neubesetzung des Direktionsposten geht nun wohl langsam seinem Ende zu. Im Mai letzten Jahres hatte Václav Riedlbauch, Kulturminister der Übergangsregierung und selbst einst Direktor der Tschechischen Philharmonie, seinen Nachfolger auf dem Chefsessel nach nur einjähriger Amtszeit abgesetzt, der kurzfristig auf den Posten berufene Václav Kasík trat letzte Woche zurück.
Der Kulturminister der neuen Regierung Jiří Besser wird sich dem Vernehmen nach in den nächsten Wochen für einen Kandidaten entscheiden, das Bewerbungsverfahren jedenfalls ist nun eingeleitet.
Das Programm der nun beginnenden 115. Saison wurde noch von dem vorherigen Direktor Vladimír Darjanin aufgestellt. Darin zeigt sich die Tendenz, die Tschechische Philharmonie in ein Kulturunternehmen zu verwandeln. Immer mehr Angebote richten sich an einem breiteren Publikum aus, als das vielleicht noch unter Václav Riedlbauchs Führung gewesen war, der auch der etwas sperrigen neueren Musik zu getan ist.
Nun bestimmen eher die populäreren Werke die großen Konzertabende, und neue Formate wenden sich an neue Besucherschichten. So wurde etwa eine Konzertreihe für werdende Mütter ausgearbeitet. Zudem finden nun jeden Mittwoch um 13 Uhr Mittagskonzerte statt. Eine Stunde Kammermusik soll nicht nur entspannungssuchende Büroangestellte anlocken, sondern vor allem den vielen anderen "McMusic-Angeboten" in Kirchen und kleinen Sälen die Touristen abspenstig machen.
Das Orchester hatte sich im Mai und Juni diesen Jahres mit Unterschriftsaktionen und Aufführungsstreiks in die Streit um die Führung überraschend stark engagiert und sich für den Verbleib Vladimír Darjanin ausgesprochen. Es bleibt abzuwarten, wie es auf die anstehende Neubenennung regieren wird. An diesem Abend aber werden die Musiker sicher nicht nur auf der Bühne stehen, sondern auch spielen, zumal zum Saisonauftakt die bekannten Gesangssolisten Eva Urbanová und Petr Mikuláš sowie der Prager Philharmonische Chor mit von der Partie sein werden. (mm)