Nachdem ich nach der Orientierungswoche ja noch viel orientierungsloser war als vorher, so weiß ich heute endlich, welche Kurse ich belegen werde und wann ich mich wo einzufinden habe.
An der Karlsuniversität (in der Tschechischen Republik allgemein?) gibt es die Regel, dass ein jeder Student in den ersten zwei Vorlesungswochen so viele Kurse besuchen und ausprobieren kann und darf, wie er möchte. Am Ende der zweiten Woche – heute – muss er sich dann registrieren und bis Ende des Semesters bei seiner Auswahl bleiben.
Diese Teste-zwei-Wochen-was-du-willst-Regelung hat schon so ihre Vorteile: In den letzten zwei Wochen habe ich einfach alle möglichen Kurse besucht, deren Titel und Beschreibungen interessant klangen. Nicht selten musste ich feststellen, dass der tatsächliche Inhalt überhaupt nicht dem entspricht, was man anhand der Beschreibung im Vorlesungsverzeichnis erwartet hätte. Bei etwa der Hälfte der Kurse bleibt es also bei einem Test. Es lohnt sich natürlich auch immer, auszuloten, welche Leistungen man erbringen muss, um einen benoteten Schein zu erwerben. Man möchte sich ja nicht überarbeiten in seinem Auslandsemester und aber gleichzeitig keine Zeit verlieren. Handeln also, ganz nach dem ökonomischen Prinzip „durch minimalen Einsatz einen maximalen Output erzielen“, dass in der Betriebswirtschaft zwar als unsinnig, oder gar nicht existent gilt, meiner Meinung nach jedoch die effizienteste Art zu studieren beschreibt.
Nachteil der Zwei-Testwochen-Regel ist ein furchtbares Durcheinander. So bekomme ich täglich Emails, in denen Ort- und Zeitänderungen mitgeteilt, Kurse ganz abgesagt oder auch ganz neu angeboten werden. Nachdem ich es zweimal versuchte, einen Englischkurs zu besuchen, mit dem Ergebnis, dass beide Male kein Lehrer erschien, hat man uns mitgeteilt, dass der Kurs erst am 18. März, also vier Wochen nach offiziellem Vorlesungsbeginn, startet. Auch das ist also möglich…
In den ersten Wochen ist also Geduld angesagt. Das Niveau der Lehrveranstaltungen entspricht selten dem, was man aus Deutschland gewöhnt ist, was man aber nicht auf den Lehrbetrieb an der Karlsuniversität allgemein beziehen sollte, da es sich bei den Kursen die wir besuchen, ja um spezielle Erasmus-Kurse handelt. Man sollte sich nicht ärgern, wenn man sich nach einer kurzen Nacht in aller Frühe aus der Bettdecke schält, um dann festzustellen, dass es vergeblich war. Kurs fällt aus, Büro ist geschlossen, Raumnummer nicht existent. Ist es nicht vielleicht gerade dieses Chaos, das ein Auslandssemester reizvoll macht?