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Der Autor

Martina Lisa (geb. in Prag/Tschechoslowakei) ist freischaffende Autorin, Übersetzerin und Redakteurin. Lebt in Leipzig, wo sie liest, schreibt, tschechische und slowakische Literatur ins Deutsche übersetzt und Bücher herausgibt.

Sie schreibt poetische Texte zwischen Literatur und Publizistik, experimentiert mit biografischen Collagen zwischen Fakten und Fiktion, bringt eigene wie fremde Texte in unterschiedlichen Formaten auf die Bühne und kuratiert und organisiert Kulturveranstaltungen. Zuletzt erschien ihr Band Tage zählen. Skizzenbuch #14 (2022) sowie Wo wir jetzt sind, ein Hörstück.

Sie ist Mitglied im Verlagskollektiv hochroth, wo sie die Reihe OstroVers mit zeitgenössischer tschechischer und slowakischer Lyrik betreut, im Schreibkollektiv ceoK und im VdÜ (Verband deutschsprachiger Übersetzer:innen) sowie freie Redakteurin beim Leipziger Stadtmagazin Kreuzer. 

Während ihrer Residenz im Prager Literaturhaus möchte sie an einem Text-Collage-Projekt arbeiten, inspiriert durch die tschechische Underground-Autorin Jana Černá, deren Texte sie ins Deutsche übersetzt (zuletzt: Jana Černá = Honza Krejcarová: Totale Sehnsucht, 2022).

 

Im Internet: www.martinalisa.dewww.martinalisa.de
Bildnachweis:
© Prager Literaturhaus
| | Kultur | 16.5.2023

Notizheft

In der Küchenschublade finde ich ein altes Notizheft. 2011 hat hier jemand die Frage notiert: Und was suche ich hier? Die Frage hängt im Raum, klebt an der Decke, saugt sich fest und zwinkert mir manchmal beim Kochen zu. Ich lasse sie hängen und gehe hinaus.

Am Samstag ist Markt, unten am Fluss, schreibt T. und ich reihe mich ein in die schlendernden Massen, entlarve mich gleich am ersten Stand, als ich jede Plastiktüte ablehne und alles in den mitgebrachten Stoffbeutel stopfe. Das letzte Bargeld gebe ich für einen Strauß frischer Gartenblumen, die ein älterer Mann verkauft. Er lächelt nicht zurück, dafür aber lächeln mich jetzt die Blumen aus der Vase an, jedes Mal. Den Rest des Tages verbringe ich lesend auf dem sonnendurchfluteten Sofa, die Fenster weit aufgerissen, draußen tobt der Frühling und ich gleite ab. Als mir später die Wellen des wütenden Ozeans zu nahe kommen, schließe ich die Fenster und lass mich von der alten Tatrabahn ans Ende des Lichts fahren. Dort treffe ich W., ganz unverhofft, die ganze Nacht kneten wir Teig. Morgens wache ich ganz erschöpft auf und vor meinen Fenstern wird euphorisch geklatscht.

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